Fritz Pölking Preis 2022


Graureiher im Greifswalder Hafen, Bären und Menschen in Rumänien

von: Jan Leßmann (D) & Michiel van Noppen und David Hup (NL)
Mit seiner ungewöhnlichen und kreativ foto­grafierten Geschichte über einen Graureiher im Greifswalder Hafen während des Corona-Lockdowns gewinnt Jan Leßmann den diesjährigen Fritz Pölking Preis. Die zwei jungen Nieder­länder Michiel van Noppen und David Hup  erhalten den Jugendpreis für eine Geschichte über schwindende Urwälder, hungrige Bären und die Landbevölkerung in Rumänien. 

Jan Leßmann (D) – Lockdown Heron

Während die letzten beiden Siegerstorys des Fritz Pölking Preises Geschichten von der US-amerikanischen Grenze zu Mexiko (2020: Alejandro Prieto, Projekt Grenzmauer) und von Heuschrecken in Uganda (2021: Jasper Doest, Nsenene) erzählten, führt das diesjährige Siegerportfolio von Jan Leßmann nach Deutschland. Genauer gesagt nach Greifswald, wo die Bilder nur 50 Meter von seiner Haustür entfernt entstanden sind. Dunkelheit, menschenleere Straßen und Stille bestimmen die Atmosphäre seiner Bilder, die in Zeiten hoher Corona-Inzidenzen und strikter Ausgangsbeschränkungen entstanden sind. Star dieser mystisch anmutenden Serie ist ein schlichter Graureiher, vom Fotografen anmutig in Szene gesetzt. Unzählige Nächte besuchte Jan Leßmann den Reiher im Greifswalder Hafen und ließ sich von der Geduld des Vogels durch die Nacht tragen, verlor dabei das Gefühl für Zeit und Raum. »Die Fotografie vor der Haustür hatte für mich in diesen Tagen einen hohen Stellenwert. Die Unmöglichkeit zu reisen führte zur Konzentration auf die unmittelbare Umgebung und ließ mich vollends in das nächtliche Leben des Reihers eintauchen.«  Die Jury bestand in diesem Jahr aus Alessandra Meniconzi (CH), Sandra Bartocha (DE), Gisela Pölking (DE), Felix Heintzenberg (DE/SE), Magnus Reneflot (NO), Patrick Brakowsky (DE) und Markus Varesvuo (FI). Juror Patrick Brakowsky schreibt über den Sieger: »Die einfachen Dinge sind oft am schwierigsten umzusetzen.  Das Besondere im Normalen erkennbar zu machen, erfordert ein hohes Maß an Kreativität. All das veranschaulicht Jan Leßmann mit dieser Serie.« Und weiter: »Es sind der Facettenreichtum und  der Mut zu neuen Perspektiven, die diese kleine Geschichte über einen alltäglichen Vogel so eindringlich machen und die zeigen, dass es in der Tierfotografie oft mehr auf Einfühlungsvermögen und Krea­tivität ankommt als auf Exotik und Geschwindigkeit.« 

David Hup & Michiel van Noppen (NL) – Ein Bär im Hinterhof

Die Sieger-Story des Fritz Pölking Jugendpreises spielt in Rumänien, genauer gesagt in den Dörfern der Karpaten. Sie ist das Werk zweier junger Niederländer: Michiel van Noppen (Jahrgang 1997) und David Hup (Jahrgang 1995). Die Bilder der beiden dokumentieren eindrucksvoll und einfühlsam die problematische Koexistenz von Braunbären und Menschen in einem Land, in dem eine überdurchschnittlich hohe Bärenpopulation lebt, deren Lebensraum jedoch durch zumeist illegale Abholzung uralter Waldbestände immer knapper wird. Auf der Suche nach Nahrung müssen die Bären in die Dörfer wandern, was regelmäßig zu Konflikten mit der ortsansässigen Bevölkerung führt. In mehreren Städten Siebenbürgens werden die Bären aber auch jeden Winter durch den traditionellen Ursul-Tanz verehrt. Ein Tanz, der dazu dienen soll, die Erde fruchtbar zu machen und zu reinigen, böse Geister zu vertreiben und das neue Jahr zu begrüßen. 

Jan Leßmann (D)
Michiel van Noppen und David Hup (NL)