Die Jury, bestehend aus Gisela Pölking, Dieter Damschen, Stefanie Tecklenborg und Florian Nessler, entschied sich für die Arbeit von Karsten Mosebach. Im Verlauf von anderthalb Jahren erstellte dieser ein packendes Porträt über Eulen, die auf dem Dachboden eines Bauernhofs leben. Für die Jury ist dies nicht nur ein faszinierender Einblick in das Leben und den Lebensraum der Tiere, sondern auch ein Beweis dafür, was entstehen kann, wenn man »seinen inneren Schweinehund überwindet und den Mut und die Energie aufbringt, damit aus einer kleinen Idee ein großes Projekt werden kann«.
»Nicht weit von meinem Wohnort entfernt liegt ein Bauernhof, der „aus der Zeit gefallen“ scheint. Alles ist krumm und schief, moderne Geräte findet man dort nicht. Auf der Diele sind Schafe, Ziegen und Enten untergebracht, und auf dem Dachboden lagern Heu, Stroh und Getreide. Während der Eulenkasten in einem der Nebengebäude als Brutplatz genutzt wird, gehen die Schleiereulen auf dem Dachboden im Hauptgebäude auf die Jagd oder verschlafen dort die Tage. Im Verlauf von anderthalb Jahren fotografierte ich insgesamt neun Monate lang die Eulen im und rund um das alte Gebäude. Während ich zu Beginn lediglich ein paar Flugaufnahmen machen wollte, verliebte ich mich jedoch rasch in diesen wunderbaren Ort. Und so begann ich, die Scheune selbst in die Motive einzubeziehen, so dass letztlich ein Porträt über die Schleiereulen in ihrem Lebensraum entstand.
Eine zentrale Rolle in vielen Bildern spielt ein altes Fenster mit einer zerbrochenen Scheibe, durch das die Tiere oft ein- und ausgeflogen sind. Ich gewöhnte die Vögel an schwaches Licht, das über den gesamten Zeitraum allabendlich auf dem Dachboden leuchtete, so dass ich die Tiere überhaupt sehen konnte. Zunächst fotografierte ich aus einem Tarnzelt heraus, im Verlauf der Monate gewöhnten sich die Eulen aber soweit an meine Gegenwart, dass ich – still sitzend – schließlich ohne Tarnung auskam. Für die meisten Fotos verwendete ich ein oder mehrere Blitzgeräte. An Abenden, an denen ich nicht anwesend war, kam außerdem eine Lichtschranke zum Einsatz. Die Bilder der Serie entstanden in den Jahren 2015 und 2016, und auch in diesem Jahr haben die Eulen Nachwuchs.« Karsten Mosebach
Genau wie Karsten Mosebach fand auch der Gewinner der Jugendkategorie sein Thema in seiner Heimat. Der Spanier Sergio Marijuán lebt zurzeit in der Provinz Valladolid, wo der Sommer die Landschaft in leuchtendes Gelb taucht, der lange Winter das Leben zur Ruhe kommen lässt und wo die Tiere scheu sind und im Verborgenen leben. »Essenzen« heißt demnach auch treffend Sergios Portfolio, das flüchtige Momente und kurze Begegnungen mit Tieren in eindringlichen Schwarzweißbildern zeigt.
»Die Magie der Begegnung mit einem Tier in der Dämmerung, der Klang des Rufes, den die Kraniche gen Himmel schicken oder die geheimnisvolle Silhouette eines Steinbocks im Zwielicht – all das weckt Gefühle in mir, die sich nur schwer beschreiben lassen. Dieser Kontakt mit der Wildnis, diese oft einzigartigen Erfahrungen und Augenblicke berühren mich zutiefst. Diese Bilder sind für mich die Essenz unvergesslicher Augenblicke, die ich mit ganz verschiedenen Lebewesen verbracht habe, vom geheimnisvollen Iberischen Luchs bis zum leichten, zarten Schmetterling. Unterschiedliche Geschöpfe und unterschiedliche Lebensweisen – alle mit derselben Intention fotografiert: Den Geist der Wildnis einzufangen und die Schönheit der Natur zu zeigen und jene tiefe Faszination, die wir seit jeher für sie hegen.« Sergio Marijuán