Der andere Panda


Dem Katzenbären auf der Spur

von: Dr. Axel Gebauer
Ist von Pandabären die Rede, denken die meisten vermutlich an die ziemlich pummeligen schwarzweißen Sympathieträger aus dem Reich der Mitte. Der Rote Panda hingegen, äußerlich eher einem Waschbären ähnelnd, ist weit weniger populär. Zu Unrecht, findet Axel Gebauer, der den »Katzenbären« im Rahmen eines Filmprojekts in dessen Heimat, der Himalaya-Region, aufspürte. Neben den Schwierigkeiten, die das Projekt mit sich brachte, beschreibt er auch seine Erfahrungen bei der Verwendung professioneller Videokameras für Fotoaufnahmen.

Seit nunmehr 20 Jahren fasziniert mich der Kleine oder Rote Panda – eine Tierart, die zu Unrecht im Schatten seines großen Namensvetters, dem Großen Panda steht. Der Naturschutz-Tierpark Görlitz, in dem ich damals arbeitete, hatte sich unter anderem auf asiatische Tiere spezialisiert. Moderne Zoos haben sich die Haltung und Zucht bedrohter Tierarten auf ihre Fahnen geschrieben. Da war es folgerichtig, dass wir für den Roten Panda ein Gehege bauten. Die Gestaltung der europaweit größten und naturnahesten Anlage fiel uns nicht schwer, da wir den Lebensraum des Roten Panda mehrfach besucht hatten. Bei der intensiven Beschäftigung mit dieser Tierart mussten wir feststellen, dass sie wenig erforscht war. Deshalb haben wir Studien zur Tagesrhythmik sowie zur Lautgebung und Jungenaufzucht durchgeführt. Außerdem begleiteten wir Schutzprojekte für den Roten Panda in Sikkim, einem kleinen Bundesstaat im Nordosten Indiens. Diese Projekte sind nötiger denn je. Erst im vergangenen Jahr wurde die Art auf der Roten Liste der IUCN eine Stufe höher eingeordnet. Sie gilt jetzt als gefährdet. 
In ihrer Heimat, den Himalaya-Staaten Nepal, Bhutan, Burma, Teilen Chinas und Indiens, hat sich ihr Bestand in den letzten 20 Jahren mehr als halbiert. Heute leben noch maximal 10.000 Kleine Pandas. Besonders der WWF und das Red Panda Network kümmern sich in Zusammenarbeit mit Zoos aus der ganzen Welt um den Erhalt der letzten Populationen.

Schönstes aller Säugetiere

Der Rote Panda wird auch Katzenbär genannt. Sein Entdecker wählte als wissenschaftliche Bezeichnung Ailurus fulgens, was so viel bedeutet wie »Katze mit glänzendem Fell«. Lange Zeit blieben die verwandtschaftlichen Beziehungen des Roten Panda unklar. Anfangs sah man ihn aufgrund morphologischer Ähnlichkeiten als Verwandten des Großen Panda oder des Waschbären an. Inzwischen haben genetische Untersuchungen gezeigt, dass er der einzige Vertreter einer ganz speziellen Familie, der sogenannten Ailuridae (Katzenbären) ist. Als Namensgeber der Art ist Frederic Cuvier in die Geschichte eingegangen. Er veröffentlichte 1825 in seinem Buch »Histoire naturelle des mammiferes« die Erstbeschreibung. Cuvier gab dem »schönsten Säugetier auf Erden«, wie er es später nannte, den Namen Panda – vermutlich in Anlehnung an das Nepali-Wort Ponya, was Bambusesser heißt.

Das Filmprojekt

Meine eingangs genannte Begeisterung und die Kombination aus unbekannt, bedroht und schön führte dazu, dass ich (inzwischen als selbständiger Naturfilmer und -fotograf) bei einer Pitching Session (der kurzen, prägnanten Vorstellung eines Projekts bei potenziellen Auftraggebern) im Jahr 2014 die Idee für ein Filmprojekt vorstellte – damals noch unter dem Titel »Bambustiger«. Einige Produzenten und Senderverantwortliche hatten Interesse. Ein Jahr später konnten wir im Auftrag von NDR Naturfilm/doclights die ersten zwei Drehreisen nach Nepal unternehmen. 2016 führten uns zwei weitere Reisen dorthin und je eine nach Sikkim und Bhutan. Logistisch und physisch waren die vier- bis fünfwöchigen Aufenthalte recht anspruchsvoll. Beispielsweise bleibt einem als »Flachländer« in 3.000 bis 4.500 Meter über dem Meeresspiegel doch schon mal die Puste weg. Aber die kenntnisreichen und engagierten Leute vor Ort standen uns überaus hilfreich zur Seite. Und die unbeschreiblich schönen Berge des Osthimalaya, deren Urwälder und artenreiche Fauna und Flora ließen uns fast alle Probleme vergessen. Zwei davon begleiteten uns allerdings während des gesamten Projektes: ein inhaltliches und ein technisches.

Bewegungsscheue Langschläfer

Das inhaltliche Problem bereiteten uns die Roten Pandas selbst. Sie sind ausgesprochen schwer in den unübersichtlichen Bambusdschungeln zu finden und sie verschlafen 70 Prozent des Tages. Mit Tieren, die Faultieren gleich so lange in Astgabeln oder auf gemütlichen Moospolstern hoch oben in Bäumen liegen, kann man keine aktionsreiche Monographie über Katzenbären drehen. Deshalb haben wir von vornherein Geschichten über andere Tierarten in das Drehbuch aufgenommen. So sind wir extra nach Bhutan geflogen, um Himalaya-Languren und Takine zu drehen. Königsglanzfasane, Satyr-Tragopane und Nektarvögel brachten Farbe in den Film und Etrusker-Spitzmäuse bisher nicht beobachtete Verhaltensweisen des kleinsten landlebenden Säugetiers.

Die Story

Im Film erzählen wir die Geschichte eines Katzenbär-Weibchens, das sein Junges großzieht. Besonders aktiv werden Rote Pandas während der Paarungszeit im Januar und Februar. Dann markieren sie häufiger als sonst ihre Territorien mit einem Analdrüsensekret, das sie auf Ästen, Grasbüscheln oder Steinen absetzen. Die Männchen merken wegen ihres hervorragend ausgeprägten Geruchssinns, wann die Partnerin paarungsbereit ist. Sie verfolgen die Auserwählte mit einem Gesang, der an Vogelzwitschern erinnert. Drei bis vier Monate nach der Paarung bringt das Panda-Weibchen in einer versteckten Baumhöhle ihre Jungen zur Welt. Die Mutter polstert die Höhle mit Zweigen aus und schafft Holzstücke zum Spielen für den Nachwuchs heran. Im Alter von drei Monaten verlassen die Jungen das schützende Versteck, um zusammen mit der Mutter den Bambusdschungel zu erkunden.
Entweder Filmen oder Fotografieren?
Als Naturfilmer, der von der Fotografie kommt und deshalb noch gern »richtige« Fotos macht, hatte ich schließlich ein technisches Problem, denn gleichzeitiges Filmen und Fotografieren mit zwei Kameras ist nahezu ausgeschlossen. Wir mussten uns natürlich auf die Bewegtbilder konzentrieren. Und selbst wenn man meinte, alles Wichtige gefilmt zu haben und dann ausnahmsweise doch nach der Fotokamera griff, gingen nette Bilder für den Film verloren. Inzwischen gibt es zwar viele Fotoapparate, mit denen man auch qualitativ hochwertige Videos aufnehmen kann, aber die sind eben nicht als Filmkameras konzipiert und daher im Handling für dieses Metier zu umständlich. Man kann sie zwar mit allerlei Zubehör aufrüsten, aber dann sind sie unhandlich und für die Arbeit im Gelände nur noch bedingt geeignet. Wir haben zum Beispiel eine Sony Alpha 7S Mark II entsprechend umgebaut, um deren Stärken im Lowlight-Bereich für unser Filmprojekt nutzen zu können. Schlussendlich kam sie aber wegen der genannten Einschränkungen seltener zum Einsatz als geplant. Viele dieser Kameras bieten inzwischen die Möglichkeit, Standbilder aus einer Videosequenz zu entnehmen. Diese Fotos haben bei einem Seitenverhältnis von 16:9 eine Größe von 3.840 x 2.160 Pixeln. Das ist für eine Bildschirmwiedergabe sehr gut und auch für einen Druck bis zum A4-Format geeignet. Für größere Ausdrucke sind die 8 MP-JPG-Dateien aber nur eingeschränkt verwendbar.

Lösung für Filmer, die auch fotografieren wollen

Die US-amerikanische Firma RED hat das Problem seit Langem erkannt und das sogenannte DSMC-System entwickelt. Mit den »Digital Still and Motion Cameras« kann man sowohl hochauflösende Videos als auch Fotos aufnehmen. Bei unserem Filmprojekt arbeiteten wir mit einer EPIC Mysterium-X, die Bewegtbilder und Standfotos in einer Größe von 5K, d.h. von maximal 5.120 x 2.700 Pixel (entspricht 14 MP) aufnehmen kann. Mittlerweile ist die zweite Generation auf dem Markt, die 8K-Videos aufnimmt (8.192 x 4.320). Die nun 35,4 MP großen Fotos, die man direkt machen oder aus dem Filmmaterial entnehmen kann, ermöglichen Ausdrucke im A2-Format, können also problemlos mit guten DSLR-Kameras Schritt halten. Das betrifft nicht allein die Auflösung, sondern beispielsweise auch den Dynamikumfang (etwa 16 Blendenstufen) und die Farbtiefe. In einem Test von DxOMark vom Januar 2017 schneidet der CMOS-Sensor der RED Helium 8K als der »beeindruckendste« ab, der jemals getestet wurde. Die RED-Kameras der zweiten Generation liefern höchste Bildqualität und können mit ihren 16 Bit Raw-Dateien problemlos mit High-End-Spiegelreflex- und Mittelformatkameras konkurrieren, obwohl ihr Sensor (29,9 mm x 15,77 mm) nur zwei Drittel der Größe des Sensors einer Vollformat-DSLR hat. Erst im vergangenen Jahr erschien das neue Topmodell von RED, die Monstro WEAPON 8K VV™ mit einem 40,96 mm x 21,60 mm großen Sensor.

Andere Datei-Eigenschaften

Es gibt einen durchaus gewöhnungsbedürftigen und grundlegenden Unterschied zwischen den RED- und anderen Foto- und Videokameras. Die Raw-Dateien der RED werden immer, d.h. unabhängig von der Einstellung an der Kamera, mit ihrem nativen ISO-Wert (800 bzw. 400) gespeichert. Bei den meisten Kameras liegt der native Wert bei ISO 100 bis 200. Allerdings wird hier der eingestellte ISO-Wert in der Bilddatei verankert/eingebrannt. Die R3D-Rohdateien der RED enthalten dagegen die unveränderten Originalsignale des Sensors. Das hat den unschätzbaren Vorteil, dass man in der Postproduktion auf das vollständige Signalspektrum, das der Sensor bietet, zurückgreifen kann. Somit steht der gesamte Dynamikumfang bei der Anpassung des ISO-Wertes nach der Belichtung zur Verfügung. Am besten bearbeitet man die aufgenommenen Videos und Fotos zunächst mit der von RED entwickelten Software REDCINE-X PRO. Dort lassen sich problemlos die besten Fotos (leider immer Querformat) in einem Videoclip markieren. Man kann dann Bildprofile ändern und wie in anderen Programmen auch Belichtung, Kontrast, Schärfe etc. anpassen. Besonders vorteilhaft ist die Möglichkeit des Filmens im HDR-Modus. Dabei werden gleichzeitig zwei Clips aufgenommen, die man in der Software mit verschiedenen Parametern zusammenfügen kann. Nach all diesen »Voreinstellungen« in den RED-Raw-Dateien können diese nativ als R3D-Snapshot oder als TIFF, JPG, PSD etc. exportiert und, falls noch nötig, in den gängigen Programmen entwickelt werden. Für Photoshop gibt es ein spezielles Plug-in, das eine Bearbeitung der Raw-Dateien ermöglicht. Für Lightroom steht das leider nicht zur Verfügung, so dass man dort am besten mit den TIFF-Daten weiterarbeitet, diese gegebenenfalls in das DNG-Format umwandelt.

Problem Bewegungsunschärfe

Bei Standfotos, die man aus Videoclips entnimmt, die mit der in PAL-Regionen üblichen Kombination aus 25 fps und 1/50 sec aufgenommen wurden, gibt es aufgrund der Belichtungszeit oft Probleme mit Bewegungsunschärfen. Hier schaffen Zeitlupenaufnahmen mit kürzeren Belichtungszeiten Abhilfe (z.B. 100 fps und 1/200 sec) und zugleich den Vorteil, die besten Fotos aus einer noch größeren Anzahl von Bildern auswählen zu können. Allerdings muss man dann beachten, welche Bildgröße bei der jeweiligen Bildrate noch möglich ist. Bei der RED EPIC-W z.B. steht bei 100 fps noch eine Auflösung von 6K zur Verfügung. Aus dem Wege gehen kann man dem Problem, wenn Bilder im Fotomodus aufgenommen werden. Dann spielt die für das Filmen oft angewandte 180 Grad-Shutter-Regel keine Rolle mehr und man kann wie bei einer Fotokamera die zum Motiv passende Belichtungszeit wählen.

Keine echte Alternative für filmende Fotografen

Die genannten Vorteile und hervorragenden Spezifikationen der RED-Kameras klingen zunächst gut. Bei einer Entscheidung für das DSMC-System sollte man aber folgende schwerwiegende Nachteile einkalkulieren. Der EPIC-W-Kamerabody wiegt ohne Zubehör 1,5 Kilogramm. Um im Gelände damit arbeiten zu können, braucht man noch Zusatzkomponenten wie einen Touchscreen, V-Mount- oder andere leistungsfähige Akkus, Base- und Top-Plates zur Anbringung von Zubehör, 8K-fähige Objektive etc. Und ein stabiles Stativ mit einem großen Kinokopf ist dringend angeraten. Alles in allem kommt man dann auf etwa 30 Kilogramm! Schließlich muss man sehr gut kalkulieren, ob sich eine solche Anschaffung lohnt. Für eine professionelle Filmkamera ist der Preis in Ordnung, aber wenn man seine Kamera bevorzugt für das Fotografieren nutzen will, dann ist der Kauf einer Profi-Vollformat-DSLR wesentlich günstiger.

Links zum Thema: 
http://www.redpandanetwork.org
https://www.tierpark-goerlitz.de/de/

Dr. Axel Gebauer

Der Verhaltensbiologe war von 1986 bis 2010 Direktor des 
Naturschutz-Tierparks Görlitz. Seit 2011 ist er freischaffender Naturfilmer und -fotograf. 
Seine Bilder werden in Print­medien publiziert sowie in 
Ausstellungen und Vorträgen 
präsentiert.
www.gebauer-wildphoto.com