Wenn von Wespen die Rede ist, denkt fast jeder an die allseits bekannte Gemeine Wespe, die als Störenfried am Gartentisch eher unerwünscht ist. Sie gehört zu den staatenbildenden Echten Wespen, die wiederum eine Unterfamilie der Faltenwespen bilden. Weltweit sind sie mit gut 60 Arten vertreten, von denen in Deutschland gerade mal acht vorkommen. Und nur zwei davon, die schon erwähnte sowie die ganz ähnliche Deutsche Wespe, bedienen sich an süßen Säften, Kuchen und Grillfleisch. Besonders im Herbst, wenn die Arbeiterinnen keine Brut mehr zu versorgen haben und quasi »arbeitslos« geworden sind, können sie richtig lästig werden. Alle anderen, selbst die Hornissen, interessieren sich nicht für diese Verlockungen und stören deshalb auch keine Gartenparty.
Normalerweise nehmen die Wespen Blütennektar und Honigtau zu sich, man findet sie aber auch auf reifen Früchten, an denen der süße Saft austritt. Die erwachsenen Wespen sind auf diese kohlenhydratreiche Nahrung angewiesen, die sie als Treibstoff für ihren Flugmotor benötigen. Sie verschmähen aber auch Pollen nicht und erbeuten andere Insekten wie Fliegen, Mücken, Blattläuse und Larven von Schmetterlingen und Käfern. Hauptsächlich werden diese aber als Nahrung für ihre eigenen Larven eingetragen, die auf fleischliche Kost angewiesen sind. Deshalb sind Wespen als Vertilger von Schadinsekten ausgesprochen nützlich und manche Arten, wie z.B. die Hornissen, stehen unter strengem Naturschutz.
Es gibt noch viele andere
Die sozialen Faltenwespen stellen zwar die meisten Individuen, wesentlich artenreicher mit weltweit über 3.000 Arten sind aber ihre solitären Verwandten. Knapp 100 davon kommen in Mitteleuropa vor. Wie ihr Name schon sagt, leben sie einzeln ohne die Unterstützung eines großen Volkes und müssen sich um alles selbst kümmern. Ihre Nester bauen sie meist unter der Erde, aber auch in Löchern, die von Käferlarven in Holz hinterlassen wurden. Oder in kunstvollen Gebilden aus Lehm, weshalb manche auch »Lehmwespen« genannt werden. Mit ihrer gelb-schwarzen Warnfärbung sehen sie aus wie die »normalen« Wespen, sind aber oftmals etwas kleiner und schlanker.
Eine noch größere Gruppe bilden die Grabwespen mit weltweit fast 10.000 Arten, davon ca. 250 in Mitteleuropa. Ihren Namen verdanken sie ihren kräftigen Kiefern, mit denen sie gut im Erdreich, in Holzstängeln oder in Sand graben können. Unter ihnen gibt es winzige, millimetergroße Arten, aber auch solche mit Längen von über zwei Zentimetern. Manche ähneln – wie z.B. der Bienenwolf – mit ihrem typischen gelb-schwarzen Outfit den bekannten Wespen, andere sind extrem schlank, tiefschwarz und haben rein äußerlich kaum etwas mit Wespen zu tun.
Wildbienen – alles außer Honig
Neben den Wespen, den »bösen Buben«, gibt es aber noch ihre netten Schwestern – die Bienen. Die fleißigen Honiglieferanten sind beliebt bei Alt und Jung und gehören zu den populärsten Insekten überhaupt. Einen gehörigen Anteil daran dürfte die »Fernsehbiene« Maja haben, die seit Generationen die Kinder mit ihren Abenteuern erfreut. Leider sieht Maja aus wie eine Wespe, in Wirklichkeit sind die Bienen eher braun und behaart. Weil aber Bienen und Grabwespen gemeinsame Vorfahren haben, ist es vielleicht doch nicht ganz falsch.
Natürlich können Bienen – genauer gesagt nur die Weibchen – genauso schmerzhaft stechen wie die Wespen; aber geschenkt, eine flotte Biene muss sich schließlich auch verteidigen können. Wobei das nicht viel nützt, wenn sie dem oben genannten Bienenwolf begegnet. Er überfällt Bienen, setzt sie mit einem Stich außer Gefecht und transportiert sie als Larvenfutter in sein Nest. Die Rede ist hier von den Honigbienen, nur eine von ca. 17.000 Arten weltweit und 550 in Deutschland. Allerdings ist es die einzige Art, die in einem großen Staat lebt und die es bis zum »Haustier« geschafft hat. Wegen ihres Beitrags zur Bestäubung und als Honigproduzent hat sie eine große wirtschaftliche Bedeutung und ist für viele Menschen die Biene schlechthin.
Im Unterschied zur domestizierten Honigbiene werden alle anderen Arten Wildbienen genannt. Die meisten leben als Einzelgänger und erzeugen keinen Honig, obwohl es durchaus auch staatenbildende Wildbienen und allerlei Übergänge zur sozialen Lebensweise gibt, z.B. bei Schmal- und Furchenbienen. Aus der Reihe »tanzen« auch die Hummeln, die zwar ebenfalls zu den Wildbienen gehören, aber trotzdem mehr oder weniger große Staaten bilden und auch Honig produzieren, allerdings nur für den Eigenbedarf.
Ganz ähnlich wie die solitären Wespen zeigen auch die Wildbienen die unterschiedlichsten Erscheinungsformen und Lebensweisen. Auch unter ihnen gibt es winzige millimetergroße Arten bis hin zur tiefschwarzen Holzbiene, die mit knapp drei Zentimeter Länge unsere größte Biene überhaupt ist. Während sie in altem Holz nistet, bevorzugen andere Arten Löcher im Boden, hohle Pflanzenstängel oder sogar leere Schneckenhäuser.
Im Gegensatz zu den Wespen ernähren sich aber nicht nur die erwachsenen Bienen von Pollen und Nektar, sondern auch ihre Brut. Als eifrige Pollensammler sind Wildbienen deshalb wichtig für das Bestäuben von Blüten. Verschiedentlich wird ihnen sogar ein höherer Bestäubungsanteil zugesprochen als den Honigbienen. Viele Wildbienen sind aber auf spezielle Blütenpflanzen angewiesen, und weil diese immer seltener werden oder schwieriger zu finden sind, steht inzwischen mehr als die Hälfte aller Wildbienen-Arten auf der Liste der bedrohten Tiere. Die Ursachen sind immer die gleichen: der Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft und die daraus folgende Verarmung der Landschaft. Die Gifte vernichten die »Unkräuter« und aus den bunten Sommerwiesen von gestern sind eintönige Graswüsten geworden, die allenfalls den Kühen gefallen. Wo es aber keine blühenden Wiesen und keine passenden Nistmöglichkeiten mehr gibt, haben es sowohl die Wildbienen als auch die solitären Wespen immer schwerer, zu überleben. Dazu kommt, dass die Anzahl der Nachkommen aufgrund ihres »Singledaseins« ohnehin viel geringer ist als bei ihren staatenbildenden Verwandten, wo sich viele Arbeiterinnen um die Brut kümmern können
Das Dreamteam für den Garten
Bienen, die die Pflanzen bestäuben und Wespen, die sich die Schädlinge vornehmen – eigentlich sollte jeder Besitzer eines Gartens oder einer Terrasse Wert auf möglichst viele dieser Helfer legen. Etwas Besseres könnte dem Garten gar nicht passieren. Erste Voraussetzung dafür ist aber ein vielseitiges Angebot an Blütenpflanzen. Wer lieber »englischen Rasen« anbaut, hat von vornherein schlechte Karten, denn hier würde jede Biene schnell verhungern.
Die zweite Voraussetzung ist die Möglichkeit zum Nisten. Zumindest die Arten, die gern in hohlen Pflanzenstängeln oder in anderen Löchern nisten, kann man mit einer der bekannten Nisthilfen, manchmal auch »Insektenhotels« genannt, unterstützen. Normalerweise dauert es nicht lange, bis es entdeckt wird und schon bald tummeln sich dort die unterschiedlichsten Flieger.
Zu den ersten Gästen im April gehören solitäre Lehmwespen, die nach einem geeigneten Nistplatz suchen. Nachdem das Wespenweibchen eine Brutröhre ausgewählt hat, beginnt es mit dem Eintrag von Raupen. Ist eine genügende Anzahl vorhanden, wird ein Ei abgelegt und eine Zwischenwand mit Zement aus einer Lehm-Speichel-Mischung eingezogen. Danach wiederholt sich das Gleiche mit der nächsten Kammer. Am Ende wird die Röhre mit einer Außenwand verschlossen. Eine einzige Wespe hat innerhalb einer Woche 18 Röhren befüllt und verschlossen, was einem »Verbrauch« von 100 Raupen oder mehr entsprechen dürfte.
Obwohl einige solitäre Wespen durchaus stechen können, setzen sie ihren Stechapparat gegen Menschen so gut wie nie ein. Erstens ist der Stachel bei den meisten Arten zu klein, um die menschliche Haut zu durchdringen, und zweitens lohnt es sich nicht. Denn anders als ein ganzer Schwarm zorniger Hornissen, der seinen Bau verteidigt, könnte eine einzelne Wespe gegen einen Angreifer so gut wie nichts ausrichten. Der Stachel wird deshalb hauptsächlich ihren Beutetieren gefährlich.
Die Bienen kommen
Etwa zeitgleich mit der Lehmwespe kündigt sich mit tiefem Brummen die erste Wildbiene an, vermutlich eine Gehörnte Mauerbiene. Da sie etwas größer als die Wespe ist, bevorzugt sie Löcher mit 7 bis 8 mm Durchmesser. Während sie unermüdlich Pollen in die Brutröhre transportiert, tanzt ein Schwarm winziger Blattlausgrabwespen vor dem Niststein auf und ab und lässt keine Gelegenheit aus, die Biene zu ärgern. Offensichtlich ist die Zeit für Blattläuse – ihre Beutetiere – noch nicht gekommen. Aber schon wenig später, wenn eine Distel in der Nähe über und über mit grünen Blattläusen bedeckt ist, lassen sie von der Biene ab und beginnen, sich um ihren eigenen Nachwuchs zu kümmern.
Fast wie Mücken
Wegen ihrer geringen Größe wählen sie kleine Löcher von 2 bis 3 mm Durchmesser aus, in die sie unermüdlich Blattläuse verfrachten. Aber im Unterschied zu den größeren Wespen und Bienen, die ihre Nistlöcher nahezu direkt anfliegen, ist bei den Blattlauswespen keinerlei System zu erkennen. Sie fliegen auf und ab, landen irgendwo und versuchen es erneut. Manchmal verwechseln sie die Nisthöhle, was oft eine Rempelei mit dem rechtmäßigen Inhaber und den Verlust der Blattlaus zur Folge hat. Aber irgendwann haben sie es geschafft und nach einer Woche ist die Distel blattlausfrei. Und das völlig natürlich und ohne jeden Einsatz von Chemie.
Die Lehmwespen und Mauerbienen verschwinden nach Abschluss der Arbeit, die Blattlauswespen bleiben aber »vor Ort«. Nachdem die neuen Lehmwespen Ende Juli geschlüpft sind, nutzen sie die freien Löcher und füllen sie erneut mit Blattläusen auf. Wenig später kommt dann eine Lehmwespe – vermutlich aus der zweiten Generation – zurück und bestückt noch einmal sechs freie Löcher. Diesmal aber weniger mit Raupen, sondern hauptsächlich mit Blattkäferlarven.
Bühne frei für die Helden
Während die Blattlausgrabwespen harmlose Blattläuse eintragen und die Lehmwespe sich auf ähnlich ungefährliche Raupen und Larven spezialisiert hat – von den pollensammelnden Bienen ganz zu schweigen – kommen wir nun zu den unerschrockenen Helden, den Töpfergrabwespen. Diese etwa 10 bis 12 mm langen, extrem schlanken und tiefschwarzen Wespen sind schon ziemlich zeitig an der Nisthilfe zu beobachten. Im Mai beginnen sie dann mit ihrer Jagd auf Spinnen. Im Abstand von etwa einer Stunde transportiert jede Wespe eine paralysierte Spinne heran und bugsiert sie in ihre Brutröhre.
Dass Spinnen normalerweise gefährliche Insektenjäger sind, scheint sie nicht zu stören; ganz im Gegenteil gehen die Jäger auf enge »Tuchfühlung« mit ihren Opfern. Hier ergibt sich die Frage, warum sie sich so sicher fühlen, schließlich sind die Giftklauen der Spinne nur millimeterweit entfernt – falls sie überhaupt noch vorhanden sind. Um das herauszufinden, werden zwei »herrenlose« Spinnen exhumiert und unter das Mikroskop gelegt. Das Ergebnis ist, dass beide die Giftklauen noch besitzen. Die Töpfergrabwespen verlassen sich also vollständig auf die Wirkung ihres Betäubungsstiches. Möglicherweise wäre aber die Spinne gar nicht in der Lage gewesen, sich zu wehren, so wie sie von der Wespe beim »Schlafittchen« gepackt wurde.
Auf jeden Fall sind die Töpfergrabwespen unermüdliche Spinnenjäger, eine einzige dieser Wespen hat innerhalb einer Woche über zehn Löcher bestückt.
Die Technik hinter den Foto
Neben seiner Primärfunktion als Nisthilfe hat das »Insektenhotel« den Vorteil, dass sich die Aktivitäten der Bewohner bequem beobachten lassen. Man muss aber sehr genau hinsehen, um überhaupt etwas erkennen zu können, denn sie sind nicht nur schnell, sondern eben auch sehr klein. Schon das Eintragen einer Blattlaus ist mit bloßem Auge kaum zu erkennen, von den winzigen Harzkügelchen ganz zu schweigen. Um solche Ereignisse sichtbar zu machen, bleibt nur der Einsatz der Kamera.
Wer aber schon einmal eine Biene fotografieren wollte, kennt das Problem: Der Bereich, in der das Objekt scharf abgebildet wird, ist nur wenige Millimeter groß. Bei einem noch kleineren fliegenden Objekt potenzieren sich die Probleme, denn die Kamera muss exakt dann ausgelöst werden, wenn sich das Fotoobjekt innerhalb dieses engen Schärfenbereichs befindet. Mit der Hand am Auslöser wäre ein gelungenes Foto der reinste Zufall; viel schneller und präziser reagiert die Lichtschranke.
Dazu kommt, dass im Makrobereich selbst bei relativ geringen Geschwindigkeiten Belichtungszeiten bis zu 1/30.000 sec erforderlich sind, um ein scharfes Bild zu erhalten. Für die Flügelspitzen ist selbst das oft noch zu lang. Solche kurzen Zeiten schafft keine Kamera, das ist die Domäne des Elektronenblitzes. Dazu muss dieser jedoch mit stark reduzierter Blitzenergie betrieben werden, z.B. mit 1/128 oder 1/256 seiner Nominalenergie. Damit auch bei ISO 100 noch um einige Stufen abgeblendet werden kann, müssen mehrere Blitzgeräte gekoppelt und synchron ausgelöst werden.
Das größte Problem ist aber die lange Reaktionszeit der Kamera auf das Signal der Lichtschranke. Diese Verzögerung, im Englischen »shutter lag« genannt, liegt auch bei modernen digitalen Spiegelreflexkameras zwischen 30 und 50 Millisekunden und ist damit viel zu lang. Hier hilft nur ein schneller externer Verschluss, der den trägen Kameraverschluss ersetzt.
Damit wären alle Zutaten der Highspeed-Fotografie für das Insektenhaus beisammen: Lichtschranke, Kurzzeitblitz und Zentralverschluss. Der Abbildungsmaßstab liegt je nach Motiv zwischen 0,5 und 0,9. Die beiden Bilder auf dieser Seite zeigen die zwei Aufbauten, die für die Fotos eingesetzt wurden. Beide arbeiten vollautomatisch, so dass der Verfasser am Terrassentisch eine Tasse Kaffee trinken konnte, während sich die Flieger selbst fotografierten.
So kamen schon einmal 1.000 Fotos an einem Tag zustande. Die meisten waren allerdings Fehlauslösungen, verursacht durch den »Schwarm« der kleinen Blattlauswespen, die pausenlos den Strahl der Lichtschranke unterbrochen haben. Mit einer Kreuzlichtschranke, die nur dann auslöst, wenn sich das Objekt im Schnittpunkt beider Strahlen befindet, könnte die Zahl der Auslösungen zwar drastisch gesenkt werden, gleichzeitig steigt aber der Aufwand für die Justierung stark an.
Literatur
Rolf Witt: Wespen, Vademecum-Verlag,
2. Auflage 2009, ISBN 978-3-9813284-0-0
Paul Westrich: Wildbienen – Die anderen Bienen, 2015, Verlag Dr. Friedrich Pfeil,
ISBN 978-3-89937-136-9, incl. vieler Hinweise zur Auswahl der richtigen Nisthilfe