Die Jury bestand neben der Vorsitzenden Magdalena Herrera (Leiterin der Fotoredaktion bei GEO Frankreich) aus Christian Ziegler, Marco Gaiotti, René Alblas und Wim Dirckx und hatte die Aufgabe, aus 19.547 Bildern aus 95 Ländern weltweit die besten Einreichungen für die insgesamt 12 Kategorien auszuwählen. Neben den klassischen Wettbewerbskategorien wie Vögel, Landschaften, Mensch und Natur, Unterwasser oder Pflanzen und Pilze zählten dazu auch ein Jugendwettbewerb, der Wettbewerb »Tiere aus dem flachen Land« für Aufnahmen aus den Niederlanden und Belgien, sowie den Fred Hazelhoff Portfolio Award. Letzter ging, wie schon bei dem vom Tecklenborg Verlag zusammen mit der GDT vergebenen Fritz Pölking Preis im letzten Herbst, an den Mexikaner Alejandro Prieto für sein Fotoprojekt über die Grenze zwischen den USA und Mexiko. Auch in den Einzelbild-Kategorien finden sich einige Bilder, die Beobachter der internationalen Naturfotoszene bereits von Wettbewerben wie dem GDT Europäischer Naturfotograf des Jahres oder dem Wildlife Photographer of the Year kennen. Das tut der hohen Qualität des niederländischen Wettbewerbs keinen Abbruch, ist vielmehr ein Zeichen dafür, dass die Auswahl an anspruchsvollen Fotowettbewerben aus dem Bereich Naturfotografie größer wird und dabei begegnet man immer mal wieder denjenigen Fotografinnen und Fotografen, die sich gerne und regelmäßig an solchen Wettbewerben beteiligen.
Wie aus einem vergangenen Zeitalter
Bemerkenswert ist in jedem Fall das diesjährige Siegerbild. Es stammt von dem italienischen Naturfotografen Roberto Marchegiani, trägt den Titel »Jurassic Park« und zeigt eine Giraffe im Wald mit einer fast märchenhaft-surrealen Atmosphäre. Das Foto entstand im kenianischen Nakuru Nationalpark und geht laut Jury weit über ein reines Naturdokument hinaus. »Erstaunlich ist der Kontrast zwischen dem dunklen Wald mit Ästen, die wie Blitze wirken, und der kleinen Giraffe, die so unschuldig wirkt. Ebenso auffallend ist der Unterschied im Maßstab und die Beziehung zwischen einer lebendigen, bedrohlichen Natur und dem lebendigen Element«, heißt es im Kommentar zum Siegerbild. Trotz dieser Kontraste ginge laut Jury von diesem Bild – paradoxerweise – ein Gefühl von Harmonie und Frieden aus. Die Jury lobt den poetischen Ansatz des Fotografen an sein Motiv sowie die Geduld und den Respekt, die er dem Tier gegenüber zeigt.
Roberto Marchegiani befand sich mit Freunden auf Safari im Nationalpark, als er kurz vor Sonnenaufgang eine Gruppe von Giraffen vor einem Wald entdeckte. Durch seine mit einem 600 mm-Objektiv bestückte Kamera entdeckte er einen Bildausschnitt, der ihn begeisterte. Und anstatt Bilder von den vorbeilaufenden Giraffen zu machen, verharrte er in seinem Bildausschnitt in der Hoffnung, dass eines der Tiere hineinlaufen würde. Die gewählte Perspektive war extrem eng, es wimmelte nur so von Vegetation, die das Bild ruinieren könnte. Daher nutzte er die größtmögliche Blende, um die Umgebung so gut es ging unscharf darzustellen. Der Fotograf berichtet: »Am Ende wurde ich für meine Starrköpfigkeit belohnt, die Tiere liefen exakt an der richtigen Stelle entlang.« Roberto wähnte sich in einer Landschaft des Jurazeitalters, die Giraffe erinnerte ihn an einen pflanzenfressenden Dinosaurier. So wählte er den treffenden Titel »Jurassic Park« für sein Bild, welches einmal mehr zeigt, dass es immer wieder neue Darstellungsformen in der Naturfotografie gibt, die das Genre spannend und inspirierend machen.
Am 13. und 14. März 2021 organisieren die Wettbewerbsveranstalter von »Nature Talks« eine Online-Variante des normalerweise stattfindenden Festivals mit Vorträgen, Bilddiskussionen, Masterclasses und vielem mehr. Infos zum Programm finden Sie unter https://www.naturetalks.com
Patrick Brakowsky
