Volkmar Herre über seine Arbeit:
Seit 1997, durch die Anregung des Malers Siegward Sprotte (1913–2004), fasziniert es mich, mit dem Einfachsten eine neue Ästhetik von Licht, Raum und Zeit sowie Schärfe und Unschärfe zu ergründen. Unterschiedliche Handhabungen von Lochkameras führen zu verschiedenen Wirkungen, wie es die vier Komplexe der Ausstellung in der Galerie STP mit dem Titel »linsenlos« belegen.
Archaische Anmutung – Die Lochgröße vom Bruchteil eines Millimeters bietet eine erstaunliche Schärfe. NotwendigeBelichtungszeiten jenseits des Augenblicks werden von mir als Prozess der Entschleunigung regelrecht zelebriert. Unsere wahrgenommene Dynamik des Lebens erfährt in einem Sammelbecken von Zeit Verwandlungen: Unruhe wird zur Stille, Vertrautes wird Fremdes.
Märchenhafte Natur – Bei der Abkehr vom optimierten Loch zum sogenannten Zonensystem, einem Loch im Zentrum mehrerer lichtdurchlässiger Kreise, bestimmen weiche Lichtsäume die Bilder: Träumerische Bilder voller Poesie.
Abstraktion – Wirkt Licht durch Schlitze, Bögen, Kreuze oder andere Formen, wird reale Welt in gegenstandslose Bilder transformiert: Einladungen zur freien Assoziation.
Transzendenz – Bei dem jüngsten Projekt geht es um extrem lange Belichtungen. Papier analoger Fotografie wird in Lochkameras über Monate, manchmal ein Jahr oder länger belichtet. Die auf der Emulsion ohne Entwicklung entstandenen Bildspuren werden nach der Entnahme aus dem Dunkel digital »fixiert« und erhalten am Rechner subjektive Ausformungen. Die Enddaten dieser »Herrographien« erlauben Prints in verschiedenen Verfahren: Spirituelle Fotografie.
Bildnachweise:
Volkmar Herre: Lochfotografie aus dem Zyklus »Poesien des Lichts«, Botschaft der Sonne, 2005 (oben)
Volkmar Herre: Lochfotografie aus dem Zyklus »Mit Licht gemalt» Fragmente, 2002 (unten)