Solides Update


Die Canon EOS 80D in der Praxis

Revolutionäres ist selten zu erwarten, wenn ein Hersteller ein neues Modell einer altbewährten Serie präsentiert. Das ist auch im Falle der Canon EOS 80D so, allerdings weckt ein grundsätzlich neu konzipierter Sensor wie das gegenüber der Vorgängerin erheblich komplexere AF-System Erwartungen auf sichtbare Verbesserungen hinsichtlich der Bildqualität und Leistungsfähigkeit bei Action-Motiven. Hans-Peter Schaub hat die Kamera in sehr unterschiedlichen Situationen ausprobiert.

Natürlich liegt die neue Canon 80D sehr gut in der Hand. Schließlich ist die Kamera der vorläufige Höhepunkt einer nunmehr 13jährigen Entwicklung, die mit der EOS 10D im Jahr 2003 ihren Anfang nahm. Dreizehn Jahre sind in der Digitalfotografie eine sehr lange Zeit und so verwundert es nicht, dass die Kamera hinsichtlich des Bedienkonzepts einen sehr ausgereiften Eindruck macht und sich die Unterschiede zur unmittelbaren Vorgängerin 70D diesbezüglich in Grenzen halten. Tatsächlich muss man bei den äußeren Merkmalen schon genau hingucken, um Veränderungen zu entdecken. Die Q- und die Playbacktaste sehen etwas anders aus und aufgrund einer zweiten Custom-Option und dem eigenen Symbol für die Kreativfilter wird es auf dem Moduswahlrad nun etwas eng. Aber das war’s dann auch schon so ziemlich. 
So werden sich Fotografen, die schon mal mit einer EOS-DSLR fotografiert haben, sofort zurechtfinden und auch Einsteigern in die DSLR-Fotografie dürfte es nicht schwerfallen, sich schnell mit der Kamera anzufreunden. Ich persönlich trauere lediglich dem seit der EOS 60D fehlenden Joystick zur schnellen Wahl des AF-Feldes nach. Den gibt’s leider nur noch bei den Profimodellen 5D, 7D und 1D-X. Die Einstellung über den Multicontroller der 80D erfordert schon einen sehr beweglichen Daumen. 

Sucher, Display, Video

Der optische Sucher zeigt 100 Prozent des Bildausschnitts und lässt sich selbst mit Brille recht gut überblicken. Das klapp- und schwenkbare Display ist ebenso groß und hat auch dieselbe Auflösung wie das der EOS 70D, allerdings ist die Touch-Steuerung etwas weiter ausgereift und entspricht weitgehend dem, was sich schon in der EOS 760D findet. So lässt sich die Kamera bei Bedarf praktisch komplett über den Touchscreen bedienen oder alternativ eben wie gewohnt entweder mit Hilfe der Q-Taste und dem dann auf dem Display erscheinenden Auswahlbildschirm in Kombination mit Multicontroller und Einstellrädern oder in Kombination von Tasten und Touch-Bedienung. Jeder wird mit der Zeit seinen Weg finden, der ihn am schnellsten zum Ziel führt. Sehr gut funktioniert im LiveView-Modus natürlich das Fokussieren mittels Touch-Screen. Man tippt auf die zu fokussierende Stelle und die Kamera stellt dort blitzschnell scharf. Konsequent wäre es aber, wenn man den Touchscreen auch beim Fotografieren durch den Sucher als Touchpad nutzen könnte, um besonders schnell den gewünschte AF-Bereich anzuwählen. Kameras anderer Hersteller bieten diese Option bereits.
Sehr gut ist die Umsetzung in Bezug auf Video. Um beispielsweise Fokusverlagerungen im Video zu erzeugen, genügt es, ganz leicht aufs Display zu tippen. Dabei lässt sich die Geschwindigkeit, mit der die Fokussierung verlagert wird, einstellen, sodass weich fließende Übergänge möglich werden. Neben dem sehr gut bedienbaren Touchdisplay ist die nun verfügbare Kopfhörer-Buchse eine willkommene Ergänzung, um die Videotauglichkeit der Kamera zu verbessern. 

Autofokus

Der Autofokus der 80D stellt gegenüber dem Vorgängermodell eine gravierende Verbesserung dar. Anstatt 19 stehen nun 45 Messfelder zur Verfügung, die insbesondere horizontal einen sehr großen Bereich des Suchers abdecken. Zwar besitzt die 80D kein spezielles AF-Menü, dennoch lässt sich der Autofokus schnell und unkompliziert anpassen. Mit sich schnell bewegenden Motiven, etwa Vögeln, kommt der AF gut zurecht. Mit der Tracking-Option ließen sich nicht immer zuverlässige Ergebnisse erzielen. Vor homogenem Hintergrund schaffte es der AF recht zuverlässig, Motive in der Schärfe zu halten, bei unruhigeren Hintergründen oder gravierenden Helligkeitsunterschieden ging das selten gut. Sehr zuverlässig funktionierte es aber, wenn man ein AF-Feld oder eine Gruppe anwählt und die Kamera dann so mitführt, dass das Motiv im gewählten Bereich bleibt. 
Zu erwähnen ist auch die hohe Empfindlichkeit des AF, der selbst bei wenig Kontrast und wenig Licht noch sehr zuverlässig sein Ziel findet. Zudem funktioniert der AF auch mit Objektiven deren Anfangslichtstärke f/8 beträgt, also etwa mit einem 4/500 mm mit Zweifachkonverter.
Neu beim LiveView-AF ist die Möglichkeit, auch im Foto- und nicht nur im Videomodus den kontinuierlichen AF nutzen zu können. Zwar steht in LiveView nur eine Serienbildrate von 4 Bildern/sec zur Verfügung, das Fotografieren sich eher langsam bewegender Motive (größere Säugetiere etwa) gelingt damit jedoch gut.

Bildrate und Sonstiges

Mit 7 Bildern/sec ist die 80D recht flott und die hohe Geschwindigkeit wird auch bei kontinuierlichem AF weitgehend gehalten. Mit einer SanDisk Extreme Pro-UHS I 64 GB-Karte konnte ich maximal 23 Raws in Folge schießen, ehe die Serienbildrate auf etwa 2 bis 3/sec einbrach. UHS II-SD-Karten werden nicht unterstützt. Mit einer solchen reduzierte sich die maximale Bildfolge sogar etwas. 
Wenn’s dezent sein muss, kann man die leise Serienbildschaltung wählen. Die Geschwindigkeit wird so auf etwa 3 Bilder/ sec reduziert, das Kamerageräusch dann aber auch deutlich dezenter – allerdings erreicht die 80D nicht die sehr dezente Lautstärke der 5DS in diesem Modus und ist auch noch ein wenig lauter als die 5D Mk III.

Bildqualität

Der Sprung von rund 20 auf 24 Megapixel von der 70D zur 80D ist nicht spektakulär, allerdings zeigt sich einmal mehr, dass Megapixel allein kein Maß für Bildqualität sind. Die ist in der Tat in mancher Hinsicht deutlich verbessert – vor allem bei kontrastreichen Motiven. Grund ist der völlig neu entwickelte Sensor, der anders als die bisherigen Canon-Sensoren über eine deutlich höhere Grundempfindlichkeit verfügt. So lässt sich ein merklich größerer Dynamikumfang erfassen. In kritischen Situationen kann man nun, wie das mit den aktuellen Sony-Sensoren auch der Fall ist, auf die Lichter belichten und bei Bedarf Schatten aufhellen ohne sich dabei in hohem Maße bildzerstörendes Rauschen einzufangen. Zwar erreicht der 80D-Sensor noch nicht ganz das Niveau, das etwa die Nikon D7200 oder aktuelle Vollformatmodelle von Pentax, Sony oder Nikon bieten, aber die Verbesserungen sind beträchtlich und lassen hoffen, dass Canon das Problem erkannt hat und die Entwicklung in dieser Hinsicht weitertreibt. Abgesehen vom Dynamikumfang bleibt das Rauschverhalten insgesamt ziemlich genau auf dem niedrigen Niveau der 70D. Das heißt: Bis ISO 3.200 ist das Rauschen sehr dezent und beeinträchtigt die Qualität allenfalls in geringem Maße. Auch mit ISO 6.400 aufgenommene Bilder sind nach zurückhaltender Rauschunterdrückung noch gut. Höhere Einstellungen sollte man hingegen nur im Notfall nutzen.

Fazit

Rein äußerlich hat sich von der 70D zur 80D nur wenig getan. Das bewährte Bedienkonzept wurde weitgehend beibehalten und in Details optimiert. Die eigentlichen Verbesserungen werden offensichtlich, wenn man mit der Kamera fotografiert. So ist die erweiterte Implementierung des Touchscreen gut gelungen und sehr intuitiv. Einen großen Schritt nach vorn machte auch der AF, der bei weniger Licht und auch mit lichtschwachen Optiken (bis f/8) sehr zuverlässig funktioniert – sowohl bei Verwendung des optischen Suchers, als auch im LiveView-Modus. Die meines Erachtens beste Nachricht ist der merkliche Fortschritt beim 
Dynamikumfang des Sensors. Endlich müssen auch Canon-Fotografen nicht mehr neidvoll auf die erstaunlichen Fähigkeiten anderer Kameras schauen, wenn es darum geht, extrem kontrastreiche Motive zufriedenstellend zu bewältigen. 
Insgesamt bietet die EOS 80D ein stattliches Paket echter Verbesserungen gegenüber der Vorgängerin, die sich sowohl in der Fotopraxis (Autofokus) als auch in der Bildqualität (Dynamikumfang) äußerst positiv bemerkbar machen.  

Hans-Peter Schaub
www.hanspeterschaub.de

Canon EOS 80D

Bildsensor: CMOS (22,3 x 14,9 mm), 6.000 x 4.000 Pixel, Auflösung (effektiv): 24,2 Mio. Pixel, Beschnittfaktor bezogen auf Kleinbild: 1,6
ISO: 100 – 16.000,
erweiterbar auf 25.600 
Dateiformate (Bild): 14 Bit-Raw, M-Raw (4.500 x 3.000 Bildpunkte), S-Raw (3.000 x 2.000 Bildpunkte), JPEG
Dateiformate (Video): MOV/MP-4 (AVC/H.264), Full HD (1.920 x 1.080 Bildpunkte mit 24p, 25p, 30p, 50i)
LC-Display: dreh- und schwenkbares 
3 Zoll-TFT-Display, 1,04 Mio. Bildpunkte
Sucher: opt. Sucher, 100 % Bildausschn., 0,95fache Vergr. (50 mm, f/1,4)
Serienbilder: 7 Bilder/sec, bis zu 23 Raws in Folge (SanDisk Extreme Pro UHS-I 64 GB)
Speichermedien: SD-/SDHC-/SDXC
Weitere Merkmale: Gehäuse gegen Staub- und Spritzwasser abgedichtet, WLAN, NFC-kompatibel, leise Serienbildschaltung, AF mit 45 Messfeldern (Kreuzsensoren), AF-Funktion bis f/8 (mit 27 Messfeldern, davon 9 Kreuzsensoren), Mehrfachbelichtung, HDR, Timer-/Zeitraffer, Mikrofon-, Kopfhörer-Buchse (jew. Stereoklinke 3,5 mm), Interner Blitz (LZ 12/ISO 100)  
Abmessungen (B x H x T):
139 mm x 105,2 mm x 78,5 mm
Gewicht (mit Akku und SD-Karten): 
rund 730 Gramm
Straßenpreis: ca. 1.060 € (Gehäuse)

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