Allround-Werkzeug


Die Fujifilm X-Pro2 mit dem Fujinon XF 100-400 mm in der Praxis

Im Frühjahr stellte Fujifilm das neue Spitzenmodell der X-Reihe vor. Die X-Pro2 sieht der X-Pro1 zwar sehr ähnlich, tatsächlich aber wurde sie in praktisch allen Belangen deutlich verbessert. Zusammen mit der Kamera wurde auch ein 100-400 mm-Telezoom vorgestellt, das eine für Tierfotografen entscheidende Lücke in der Fujifilm-Objektivpalette schließt. Hans-Peter Schaub hat die Kamera unter anderem auch mit dem neuen Telezoom ausprobiert.

Rein äußerlich erscheint die X-Pro2 wie eine klassische Messsucherkamera. Abgesehen vom dezenten Griffwulst und der leichten Abschrägung dort, wo sich zwei Einstellräder und der Auslöser befinden, hat das Gehäuse die Form eines flachen Backsteins, schmiegt sich also nicht so harmonisch in die Hand wie eine mit üppigem Griffwulst ausgestattete DSLR. In der Praxis aber hat man sich schnell an die etwas andere Form gewöhnt, zumal die relevanten Bedienelemente so angeordnet sind, dass man sie ohne intensive Fingergymnastik gut erreichen kann.
Das solide, mit zwei SD-Kartenfächern ausgestattete Metallgehäuse ist gegen Staub und Spritzwasser abgedichtet – insbesondere für Naturfotografen ein wichtiger Aspekt. Mit knapp 500 Gramm ist die Kamera dennoch erheblich leichter als vergleichbar leistungsfähige DSLRs wie etwa die Nikon D500 oder die Canon EOS 80D. Im Vergleich zur äußerlich sehr ähnlichen Vorgängerin X-Pro1 hat die X-Pro2 eine Vielzahl von erheblichen Verbesserungen erfahren, die unter anderem dafür sorgen, dass man die Kamera nun auch gut für actionreiche Tierfotografie einsetzen kann. Sie ist damit insgesamt erheb­lich vielseitiger geworden. Ein kleines Ausstattungsdetail hat daran großen Anteil: der „Joystick“ (Fujifilm nennt ihn „Fokusstab“) rechts neben dem Sucher gestattet die blitzschnelle Anwahl des gewünschten AF-Bereichs, so wie das beispielsweise bei den professionellen Modellen der Canon EOS-Kameras (1Dx, 5D Mk III oder 7D Mk II) der Fall ist.
Natürlich verfügt auch die X-Pro2 über ein vorderes und hinteres Einstellrad zur Einstellung von Zeit bzw. Blende bzw. der Belichtungskorrektur. Anders als bei vielen anderen entsprechend ausgestatteten Kameras bieten die Einstellräder an der X-Pro2 noch die Möglichkeit über einen Druck aufs Rad eine Funktion zu wechseln. Neben den genannten Einstellrädern steht auf der Gehäuseoberseite ein mit dem Daumen gut bedienbares weiteres Einstellrad zur Verfügung, das der Einstellung der Belichtungskorrektur dient. Die kann aber auch dem vorderen Einstellrad zugewiesen werden. Überhaupt bietet die X-Pro2 dank sechs individuell belegbarer Funktionstasten und einem ebenfalls umfassend konfigurierbaren Q-Menü vielfältige Möglichkeiten, sie den jeweiligen Vorlieben entsprechend anzupassen. Praktisch finde ich auch die Funktion „MyMenu“. Hier lassen sich oft benutzte Funktionen in einem Menüpunkt zusammenfassen, was die Bedienung erheblich beschleunigen kann.

Sucher

Der Sucher ist außergewöhnlich, denn im Grunde verfügt die X-Pro2 über drei unterschiedliche Sucher, zwischen denen man mit der an der Frontseite gelegenen Sucherwahltaste wechseln kann. Der klassische optische Messsucher bietet ein besonders klares, helles Bild und die Möglichkeit, je nach angeschlossener Brennweite, entsprechende Leuchtrahmen einzublenden und auch die Suchervergrößerung anzupassen. Man kann auch unabhängig vom angeschlossenen Objektiv unterschiedliche Leuchtrahmen einblenden und so herausfinden, welches Objektiv am besten zur jeweiligen Aufnahmesituation passt. Nachteil dieses Suchertyps ist zum einen die vor allem im Nahbereich merkliche Parallaxe – Sucherbild und tatsächliches Bild sind nicht exakt deckungsgleich – und zudem ist naturgemäß auch nicht zu beurteilen, wie sich die Schärfe im Bild verteilt. Hinzu kommt, dass bei langen Brennweiten der relevante Bildausschnitt im Sucher sehr klein wird, was den praktikablen Brennweitenbereich auf 18 bis 60 mm einschränkt. Eine sinnvolle Verbesserung des Messsuchers stellt die Position „ERF“ dar. Wählt man diese, wird rechts unten der fokussierte Bildausschnitt elektronisch eingeblendet.
In vielen Bereichen der Naturfotografie – insbesondere beim Einsatz von Tele- und Makroobjektiven – wird man sich jedoch des elektronischen Suchers bedienen. Der ist ebenfalls groß und hell. Dank einer Wiederholrate von 85 Bildern/sec erscheint das Bild auch, wenn die Kamera etwa mit sich bewegenden Motiven mitgezogen wird, ruhig und stabil. Einzig bei schnellen Bildserien muss man einen zwischenzeitlichen „Blackout“ hinnehmen. In der Praxis fand ich das in vielen Fällen verkraftbar. Bei ganz flinken Motiven, wie etwa kleineren Vögeln, kann es dabei aber schon mal passieren, dass man es aus dem Blick verliert.

Geschwindigkeit & AF

Die X-Pro2 ist in jeder Hinsicht deutlich schneller als das Vorgängermodell. So beträgt die kürzeste Belichtungszeit mit dem mechanischen Verschluss nun 1/8.000 sec. Mit dem – für Tierfotografen interessant – lautlosen, elektronischen Verschluss lässt sich sogar 1/32.000 sec erreichen. Mit 8 Bildern/sec ist die Kamera auch schneller Action gewachsen, zumal der kontinuierliche AF bei der hohen Serienbildrate gut mithalten kann.
Der hybride Autofokus arbeitet sehr flott und äußerst genau. Dank dem erwähnten Joystick kann man flexibel auf sich ändernde Situationen reagieren. Die insgesamt 273 einzeln anwählbaren AF-Messpunkte decken einen sehr großen Bereich des Bildausschnitts ab. Die Konfiguration des AF ist vielseitig und funktioniert einfach. Bei Einstellung der maximalen Bildfrequenz (8 Bilder/sec) sinkt die Zahl der verfügbaren AF-Felder beim kontinuierlichen AF (AF-C) allerdings auf 77. Die etwas geringere Abdeckung des Bildfeldes spielt in der Praxis meines Erachtens allerdings keine bedeutende Rolle.

Bildqualität

Der neue 24 Megapixel-Sensor liefert eine durchweg überzeugende Bildqualität – auch bei hohen ISO-Einstellungen von 3.200 oder 6.400. Selbst wenn man die mögliche Erweiterung auf ISO 51.200 nutzt, bleibt das Rauschen noch vergleichsweise „feinkörnig“ und so gelingen selbst unter schwierigsten Lichtbedingungen noch akzeptable Bilder. Bis ISO 1.600 muss man schon sehr genau hinsehen, um überhaupt deutliche Unterschiede zu erkennen. Der Sensor ist zudem äußerst tolerant gegenüber Unterbelichtungen. Auch wenn man ein Motiv um drei bis vier Blendenstufen zu knapp belichtet, sorgt das dann erforderliche Aufhellen in der Nachbearbeitung kaum für eine nennenswerte Zunahme des Rauschens. Es entspricht dann im Wesentlichen dem, was man bei einer direkten Anpassung der ISO-Einstellung erwarten kann. Diesbezüglich verhält sich die Kamera sehr ähnlich wie Modelle von Nikon, Pentax und Sony, die mit den aktuellen Sony-Sensoren ausgestattet sind.

Mehr Tele

Für Tierfotografen war das Fujifilm-X-System bislang wenig attraktiv. Es fehlten die langen Brennweiten in der Objektivpalette. Das hat sich mit der Vorstellung des XF 100-400 mm F4,5-5,6 R LM OIS WR geändert. Das knapp 1.400 Gramm schwere Telezoom deckt den kleinbildäquivalenten Brennweitenbereich von 150 bis 600 mm ab. Es ist gegen Staub und Spritzwasser abgedichtet, verfügt über einen Bildstabilisator und ist sehr gut verarbeitet. Der AF funktioniert in Verbindung mit der X-Pro2 schnell und leise. Auch flinke Motive lassen sich mit dieser Kombination gut fotografieren. Die Bildqualität, die das vergleichsweise kompakte Objektiv liefert, genügt selbst sehr hohen Ansprüchen – und zwar schon bei offener Blende.

Fazit

Die X-Pro2 ist eine sehr vielseitig verwendbare Kamera. Der exzellente Sensor sorgt bis in hohe ISO-Bereiche für rauscharme Bilder mit eindrucksvollem Dynamikumfang. Der leistungsfähige AF ist auch sich schnell bewegenden Motiven gewachsen. Insbesondere in Verbindung mit dem neuen 100-400 mm-Zoom lässt sich die Kamera daher durchaus auch in der Tierfotografie verwenden. Darüber hinaus eignet sie sich natürlich ebenso für ruhige Motive wie Makros und Landschaften. Wer zudem gerne mit kürzeren Brennweiten Reportagen oder Straßenszenen einfängt, wird im optischen Messsucher echte Vorteile sehen. Makro-, Landschafts- und Tierfotografen hingegen geben sicher in erster Linie dem elektronischen Sucher den Vorzug. Insgesamt lässt sich auf der Basis der X-Pro2 eine sehr leistungsfähige Ausrüstung aufbauen, die den Vergleich mit DSLRs nicht zu scheuen braucht.

Hans-Peter Schaub
www.hanspeterschaub.de

Bedienelemente auf der Oberseite
Neben dem Auslöser dominieren zwei große Einstellräder die Oberseite der Kamera. Das Belichtungskorrekturrad lässt sich gut mit dem Daumen bedienen, ohne dass man dazu die Kamera vom Auge nehmen muss. Sollte der Korrekturbereich von +/- 3 LW nicht ausreichen, stellt man das Rad in Position „C“. Dann steht über das vordere Einstellrad ein Korrekturbereich von +/-5 LW zur Verfügung. Ebenfalls groß und griffig ist das Verschlusszeitenrad. Zieht man es leicht nach oben, kann man mit diesem den ISO-Wert verstellen.

Bedienelemente auf der Rückseite
Die Rückseite der X-Pro2 ist übersichtlich. Die einzelnen Knöpfe der Vierwege-Taste lassen sich individuell mit Funktionen belegen. Neu ist der kleine Joystick oben rechts neben dem Display. Mit diesem kann man sehr schnell den AF-Punkt bzw. -Bereich verschieben. Die Q-Taste direkt auf dem hinteren Griffwulst ist zwar gut ereichbar, wird aber auch schnell mal versehentlich gedrückt.

Fujinon XF 100-400 mm  F4,5-5,6 R LM OIS WR
Angesichts des imposanten Brennweitenbereichs (rund 150 bis 600 mm kleinbildäquivalent) ist das Zoom relativ leicht und kompakt. Es wiegt 1.375 Gramm und ist mit einer Baulänge von 211 mm in etwa so lang wie ein 2,8/70-200 mm-Kleinbildzoom. Der integrierte Bildstabilisator bringt rund 3 Blendenstufen Gewinn an Verwacklungssicherheit. Dank einer soliden Stativschelle kann man das Zoom aber auch komfortabel vom Stativ einsetzen. Die Naheinstellgrenze von 175 cm ermöglicht einen maximalen Abbildungsmaßstab von 1:5,3. Das Filtergewinde hat einen Durchmesser von 77 mm. Als Zubehör ist ein 1,4fach-Konverter verfügbar. Das Objektiv ist gegen Staub und Spritzwasser abgedichtet. Es kostet knapp 1.900 €

Fujifilm X-Pro2
Bildsensor: X-Trans CMOS (23,6 x 15,6 mm), 6.000 x 4.000 Pixel, Auflösung (effektiv): 24 Mio. Pixel, Beschnittfaktor (bezogen auf KB): 1,5
ISO: 200 – 12.800,
erweitert: 100 – 51.200  
Dateiformate (Bild): Raw (14 Bit), JPEG
Dateiformate (Video): MPEG-4 (AVC/H.264), Motion JPEG, Full HD (1.920 x 1.080 Bildpunkte mit 24, 25, 30, 50, 60p)
LC-Display: 3 Zoll-TFT-Display,
1,62 Mio. Bildpunkte
Sucher: Hybrider Sucher, (optischer
Sucher: 92% Bildausschnitt, 0,36-/
0,6fache Vergr. | elektr. OLED-Sucher: 100% Bildausschn., 0,59fache Vergr., 2,36 Mio. Bildpunkte)
Serienbilder: ca. 8 Bilder/sec, bis zu
27 unkomprimierte/ 33 komprimierte Raws in Folge
Speichermedien: 2 Kartenfächer
(SD-/SDHC-/SDXC)
Weitere Merkmale: WLAN, Mehrfachbelichtung, diverse Filmsimulations-Modi, HDR, Timer-/Zeitraffer-Funktion, lautloser elektronischer Verschluss (1/32.000 sec), 6 programmierbare Funktionstasten, umfassender Spritzwasserschutz, frostsicher bis -10° C, Mikrofon-/Fernauslöser-Buchse (Mini-Stereoklinke 2,5 mm)  
Abmessungen:
ca. 83 (H) x 141 (B) x 46 mm (T)
Gewicht (mit Akku und SD-Karten):
rund 495 Gramm
Straßenpreis: ca. 1.790 € (Gehäuse)