Möchte man bei seinen Fototouren durch die Natur auf alle Eventualitäten vorbereitet sein, hat das bedauerlicherweise meist zur Konsequenz, dass die Ausrüstung einen beachtlichen Umfang annimmt. Insbesondere vor längeren Reisen dauert es bei vielen vermutlich länger, die vermeintlich optimale Ausrüstung zusammenzustellen, als den Koffer mit der benötigten Kleidung und den üblichen Hygiene-Artikeln zu packen.
Viele Naturfotografen setzen, wenn es darum geht, große Ausrüstungen zu transportieren aus naheliegenden Gründen auf einen Fotorucksack. Schwere Lasten lassen sich eben auf Schultern und – dank Tragesystem – Hüfte verteilt, einfach besser lange tragen, als in einer Schultertasche, die den Körper extrem einseitig belastet. Fotorucksäcke allerdings gibt es mittlerweile in nahezu unübersichtlicher Vielfalt in allen denkbaren Größen, Farben und Ausstattungsvarianten und – zu höchst unterschiedlichen Preisen. Für Naturfotografen, die eine wirklich große Ausrüstung auch unter widrigen äußeren Bedingungen durch die Landschaft schleppen, sind neben hohem Tragekomfort, Robustheit und Wetterfestigkeit besonders wichtig. Geringes Eigengewicht und handgepäcktaugliche Abmessungen sind weitere Aspekte, denen besonders die Fotografen Bedeutung beimessen, die oft per Flugzeug verreisen. Filtert man den Markt unter diesen Kriterien wird das Angebot schnell einigermaßen übersichtlich. Lowepro, Tamrac oder Thinktank beispielsweise haben entsprechende Gepäckstücke im Programm. Ein besonderer Rucksack aber, der den genannten Ansprüchen gerecht wird, ist „made in Germany“ und kommt aus der schwäbischen Manufaktur Koenig photobags.
Wasserdicht
Der fotoRucksack2 bedarf nicht, wie die Modelle der anderen Anbieter, einer gesonderten Regenschutzhülle, die dann auch nur bedingt Schutz vor Wasser, Schmutz oder Sand bietet. Er ist ohnehin vollständig wasserdicht. So schützt er die enthaltene Ausrüstung nicht nur bei strömenden Regen, sondern auch bei einem Sturz in den Bergbach oder beim Kentern des Kanus und ähnlichen Missgeschicken. Allein dadurch nimmt er unter den expeditionstauglichen Rucksäcken schon eine Sonderstellung ein.
Lineal, Schere, Bleistift
Auch in anderer Hinsicht hebt sich der Koenig-Rucksack von den Mitbewerbern ab. Die Herstellung in einer Manufaktur in vergleichsweise geringen Stückzahlen gestattet eine individuelle Anpassung an die ja höchst unterschiedlichen Bedürfnisse und Ausrüstungen der Fotografen. So beginnt der Kauf eines Koenig-Rucksacks mit ein wenig Bastelei. Von der Homepage des Herstellers kann man sich das PDF-Dokuments eines Grundrisses des Fotorucksacks im Maßstab 1:1
herunterladen. Das druckt man sich aus und klebt es zusammen. Dann kann man in Ruhe die unterzubringende Ausrüstung auf diesem Plan platzieren und so lange hin- und herschieben, bis alles seinen Platz gefunden hat. Anschließend zeichnet man die sich daraus ergebende Aufteilung in den Plan ein und schickt das Werk per Post nach Döffingen. In meinem Fall galt es, mindestens zwei Kameras, je ein 150-600 mm-, 17-40 mm, und 24-70 mm-Zoom, ein 2/135 mm, ein Lensbaby, Zwischenringe, Winkelsucher, Filter, Akkus und diversen weiteren Kleinkram unterzubringen. Nach Fertigstellung meines Entwurfs schickte ich das Werk per Post ins Schwabenländle und erhielt nach wenigen Tagen per E-Mail einen an meinen Wünschen orientierten, optimierten Vorschlag. Der ergab tatsächlich noch deutlich mehr Raum für Zubehör, so dass sich letztendlich bis zu drei Kameras (z.B. EOS 5D Mk II/III) und neben dem 150-600 mm-Zoom bis zu sechs Objektive von der Größe eines 2,8/24-70 mm, nebst dem genannten weiteren Zubehör verstauen ließen. Aufgrund der Höhe des Innenraums von 18,5 cm ist es auch ohne weiteres möglich, kleine Objektive, wie etwa ein 2/35 mm oder 1,4/50 mm übereinander zu stapeln. Entsprechende horizontale Teiler stehen selbstverständlich auch zur Verfügung. Die dicken, sehr stabilen Innenteiler werden mit Klettverbindungen befestigt. Das Innenleben bleibt daher nach wie vor flexibel. In meinem Fall wäre es daher problemlos möglich, zwei Trennstege zu entfernen, wodurch anstelle von zwei kurzbrennweitigen Zooms auch ein 2,8/70-200 mm- oder ein 4/300 mm-Objektiv Platz fänden. Trotz des enormen Stauraums bringt der Rucksack mit meiner Wunscheinteilung inklusive Tragegestell lediglich 3.530 Gramm auf die Waage. Ohne Gestell wiegt er genau 2.693 Gramm.
Wer mit lichtstarken Teleobjektiven, wie etwa einem 4/500 mm oder 4/600 mm unterwegs ist, kann auch diese im fotoRucksack2 verstauen. Im Falle des 4/500 mm geht das sogar mit angesetzter Kamera.
Noch mehr Platz
Genügt der Innenraum nicht oder – was ja häufig der Fall ist – muss noch ein Stativ mitgeführt werden, besteht die Möglichkeit, Außentaschen und Stativköcher an den Seiten anzubringen. Das geschieht mittels Klemmstegen. Entsprechende Gegenstücke an den Außentaschen werden dazu ein wenig gebogen und in die Öffnungen eingeführt. An Außentaschen stehen zwei wasserdichte Ausführungen mit 3,4 bzw. 13 Liter Volumen zur Verfügung. Zudem gibt es eine Netztasche und Stativköcher. Der Standardköcher hat einen Durchmesser von 14,5 cm und nimmt ein mittelgroßes Stativ auf. Ich transportiere darin zum Beispiel ein Gitzo 4542 LS. Das ragt etwas nach oben heraus, weshalb ich es bei längeren Touren mit einem kleinen Spanngurt sichere. Koenig bietet aber an, Köcher in Sondermaßen zwischen 10 und 20 cm Durchmesser zu bauen.
Die großen, geraden Außenseiten des Rucksacks machen es insgesamt einfach, weitere Klemmstege oder Halterungen für alles erdenkliche Spezialgepäck anzubringen. Bezüglich der Erfüllung von Sonderwünschen zeigt sich dann auch ein weiterer großer Vorteil der kleinen Manufaktur.
Tragen
Das Tragegestell ist mit rund 750 Gramm sehr leicht und wirkt auf den ersten Blick etwas zierlich. Tatsächlich aber lässt sich der Rucksack selbst vollbeladen erstaunlich gut tragen. Mit Stativ, Proviant und Wasser kommen bei mir meist gut 20 Kilogramm zusammen. Die lassen sich ohne quälende Druckstellen oder andere Beschwerden sehr gut auf mehrstündigen Märschen durchs Gelände transportieren. Einzig den Hüftgurt könnte ich mir noch etwas üppiger vorstellen. Allerdings gibt es eben auch Fotografen, die den Rucksack nur auf kurzen Strecken tragen oder ihn beispielsweise im Boot befördern und da spielt der Hüftgurt natürlich eine untergeordnete Rolle. Wer jedoch lange Touren zu Fuß zurücklegt mit eventuell noch höherer Traglast, kann sich bei Koenig auch das Tragegestell eines Trekkingrucksacks adaptieren lassen.
Bedenkenlos draußen
Die wasserdichte Hülle und der sehr solide TIZIP-Reißverschluss, der sonst üblicherweise bei Trockentauchanzügen zum Einsatz kommt, sorgen zuverlässig dafür, dass weder Sand noch Wasser an die wertvolle Ausrüstung gelangen. Stabile Kunststoffplatten im Innern verleihen dem Rucksack nahezu die Stabilität eines Koffers. Es liegt in der Natur der Sache, dass man einen so großen Rucksack absetzen muss, um an die Ausrüstung zu gelangen. Um das Gelände beziehungsweise dessen Wassergehalt muss man sich beim Einsatz des Koenig-Fotorucksacks nicht kümmern. Man kann den Rucksack, wenn’s denn sein muss, getrost in Matsch oder Schlamm ablegen. Zuhause kann man ihn dann mit reichlich Wasser problemlos wieder vom anhaftenden Schmutz befreien. Da das Tragegestell am Deckel befestigt ist, muss man es zum Öffnen der Klappe auch nicht, wie bei vielen anderen Modellen, in den Dreck legen – mit entsprechend negativen Konsequenzen für den Zustand der Kleidung, wenn man den Rucksack wieder aufsetzt.
(Fast) sorgenlos fliegen
Mit seinen Außenmaßen von 55 x 38 x 20 cm (ohne Tragegestell) entspricht der Rucksack den internationalen Bestimmungen für Handgepäck. Insbesondere, wenn man das Tragegestell abnimmt, dürfte es aufgrund der Abmessungen kaum Probleme geben. Einzig das Gewicht könnte natürlich unter Umständen für Stirnrunzeln beim Check-In sorgen. Anders als bei den Abmessungen sind die Gewichts-Grenzen bei den einzelnen Fluggesellschaften recht unterschiedlich und auch hinsichtlich der Toleranz bezüglich Abweichungen nach oben gibt es beträchtliche Unterschiede. Aktuelle Bestimmungen dazu finden sich zum Beispiel unter www.hand-gepaeck.de
Fazit
Der fotoRucksack2 ist äußerlich schlicht und bietet innen viel Platz für große Fotoausrüstungen. Dank wasserdichter (und nicht nur wasserabweisender) Außenhülle schützt er die empfindlichen Fotogeräte unter allen erdenklichen Witterungsbedingungen und Umgebungen von der Wüste bis zum Regenwald zuverlässig. Der vollbeladene Rucksack lässt sich auch über lange Strecken gut tragen. Großes Plus ist neben der exzellenten Verarbeitung der durchweg hochwertigen Materialien die Option, die Innenausstattung ohne Aufpreis jeweiligen persönlichen Vorlieben entsprechend fertigen zu lassen. Die kleine Manufaktur kann zudem äußerst flexibel und kreativ auf individuelle Sonderwünsche reagieren, sei es, um besonderes Zubehör an- oder unterzubringen oder die Adaption eines anderen Tragesystems.
Mein Wunschrucksack kostete am Ende inklusive wasserdichter Außentasche, Netztasche, Stativköcher und beidseitig je vier Klemmstegen genau 669,90 €. Das ist nicht billig, aber allemal preiswert. Man erhält dafür einen hervorragend verarbeiteten, praktisch konkurrenzlos robusten, vergleichsweise leichten und sehr geräumigen Rucksack, der jedem Wetter standhält und so die Ausrüstung auch unter widrigsten Bedingungen schützt. Schon eine größere Reparatur eines durch Wasser oder Schmutz beschädigten Geräts kann schließlich den Kaufpreis des Rucksacks übersteigen. Wer bei jedem Wetter draußen ist, dabei reichlich Ausrüstung mitzuschleppen hat und eventuell auch zuweilen per Flugzeug seine Fotoziele ansteuert, sollte sich diesen besonderen Fotorucksack mal genauer ansehen.
Hans-Peter Schaub
www.hanspeterschaub.de