Die Nachfragen interessierter Leser bezüglich der Eignung von Drohnen für die Natur-, besonders natürlich die Landschaftsfotografie häuften sich in den letzten Monaten. Da wurde es Zeit für einen gründlichen Selbstversuch. Wie fliegt sich so ein Multicopter und was darf man hinsichtlich der Bildqualität erwarten bei einem Modell, das für gut 1.000 Euro zu haben ist?
Als Versuchsobjekt habe ich einen Typhoon H Professional der Firma Yuneec ausgewählt. Der bietet mit sechs anstelle der üblichen vier Rotoren einiges mehr an Sicherheit, denn selbst wenn zwei der Motoren ausfallen, soll man die Drohne noch sicher landen können. Zudem sollte er laut Hersteller mit einer Akkuladung rund 25 Minuten in der Luft bleiben können. Die mit einem 12 MP-Sensor ausgestattete Kamera kann 4K-Videos und Fotos im DNG-Raw-Format aufzeichnen. Das hörte sich vielversprechend an. Um nicht ganz unbedarft zu starten, hatte ich mir bereits vor einiger Zeit eine einfachere, eher als Spielzeug gedachte Drohne angeschafft, um zumindest schon mal die fliegerischen Grundlagen üben zu können. Soviel kann ich hier schon verraten: die „richtige“ Drohne lässt sich ungleich leichter steuern als der Spielzeug-Copter
In der Hand
Die Yuneec Typhon H Professional wird in einem robusten Rucksack geliefert, in dem alles Zubehör – einschließlich zwei Zusatzakkus – ganz locker Platz finden (siehe Bild links). Die Rotorarme sind zum Transport eingeklappt. Um den Copter startfertig zu machen, muss man daher zum einen die Arme ausklappen und die sechs Rotoren anbringen. Das lässt sich ohne Hektik in weniger als einer Minute erledigen. Dann muss man nur noch die Schutzkappe der Kamera abnehmen und die Flugmaschine ist schon fast startklar. Der Eindruck dabei ist durchweg positiv. Der Hexaopter ist sehr gut verarbeitet und wirkt insgesamt sehr solide. Die Arme klicken beim Hochklappen vernehmbar ein, ebenso die Rotoren. Sehr eindrucksvoll ist auch der Controller ST16 – die Fernbedienung. Anders als bei vielen anderen Coptern muss man beim Typhoon H nicht sein Smartphone oder Tablet in eine entsprechende Halterung am Controller klemmen, vielmehr ist ein vollwertiges 7-Zoll-Android-Tablet Teil des Geräts. Das ist komfortabel und auf dem großen Touch-Display lassen sich zum Beispiel Einstellungen für die Kamera sehr gut vornehmen. Auch die Infos zum Flug wie Höhe, Entfernung, Verbindung zu den GPS-Satelliten werden übersichtlich angezeigt. Bei heller Umgebung spiegelt das Display allerdings doch ziemlich. Der mitgelieferte Blendschutz nutzt dann oft auch nicht viel. Ich war allerdings meist früh morgens oder spätnachmittags unterwegs und empfand das Spiegeln dann in der Regel als nicht besonders störend. Da hat aber wohl jeder seine eigene Toleranzschwelle.
In der Luft
Controller hochfahren, Copter einschalten und … warten. Es dauert leider ziemlich lange, bis der Controller sich mit der Kamera verbindet und dann das Livebild anzeigt. Durchschnittlich waren es bei mir schon etwa drei Minuten, manchmal auch länger. Zuweilen, was besonders unerfreulich war, riss die Verbindung dann kurz nach dem Start wieder ab und ich musste den Typhoon dann erst wieder landen. Nicht selten war es dann sogar erforderlich, Controller und Copter neu zu starten, um schließlich eine stabile Verbindung zu erhalten. Einige Male erfolgte der Verbindungsabbruch auch mitten im Flug. Dann war ich froh, wenn die Drohne immer schön im Blickfeld war und ich sie so gegebenenfalls „blind“ nach Hause fliegen konnte. Wenn auf die Entfernung nicht erkennbar war, wie der Copter ausgerichtet war, nutzte ich die Fly-Home-Funktion, um ihn zurückzuholen. Das hat glücklicherweise immer gut funktioniert.
Meist aber gab es außer der Wartezeit, bis die Kamera verbunden war, keine Probleme. Ich habe mir daher angewöhnt, direkt nach der Ankunft am geplanten Startplatz den Controller hochzufahren, dann den Copter startklar zu machen. Danach waren es dann nur noch rund zwei Minuten bevor man den roten Startknopf drücken konnte und der Spaß begann. Beruhigend – auch für Einsteiger – ist, dass die Drohne einfach in der Luft stehen bleibt, sobald man die Steuerhebel loslässt. So kann man sich immer erst in aller Ruhe orientieren, kann beispielsweise auch die Kameraeinstellungen anpassen, ohne Gefahr zu laufen, die Kontrolle über den Flieger zu verlieren. Eine Besonderheit des Typhoon H ist ein proportionaler Geschwindigkeitsregler. Man kann diesen Hebel an der rechten Seite der Fernbedienung stufenlos zwischen der Position „Schildkröte“ und „Hase“ bewegen und hat so entweder eine eher träge reagierende oder sehr agile Drohne. Bei mir war „Schildkröte“ die Standardeinstellung, denn hohe Beschleunigung oder flotte Geschwindigkeit verträgt sich nicht mit sorgfältig gestalteten Fotos oder ruhigen Kamerafahrten.
Foto & Video
So sehr allein das Fliegen schon Spaß macht, nur dafür ist so ein Ding ja nicht gemacht. Das „Auge“ der Typhoon ist eine an einem 3-Achs-Gimbal montierte 12 MP-Kamera. Der Gimbal sorgt für die präzise Ausrichtung der Kamera und kompensiert sehr effektiv Bewegungen. So konnte ich bei Windstille beispielsweise gänzlich unverwackelte Aufnahmen mit Belichtungszeiten von bis zu 1 sec machen – Wunder der Technik …
Die längste einstellbare Zeit liegt bei 4 sec, was vermutlich etwas optimistisch ist. Das Objektiv entspricht einem 14 mm-Kleinbildweitwinkel und deckt einen Bildwinkel von 115 Grad ab. Die Entfernung ist fix eingestellt, fokussieren kann man also nicht. Probleme mit einer ab Werk falsch eingestellten Schärfenebene waren bei dem mir zur Verfügung stehenden Modell nicht zu beobachten, in verschiedenen Foren aber war davon die Rede. Die Blende (f/2,8) ist ebenfalls fest eingestellt, Abblenden daher nicht möglich. Das Objektiv liefert sehr scharfe Bilder – und zwar ohne nennenswerten Schärfeabfall zum Rand. Zudem verzeichnet es nur minimal, so dass – vorausgesetzt, man hat die Kamera gerade nach vorne ausgerichtet – auch der Horizont als gerade Linie erscheint. Das erspart eine nachträgliche, die Bildqualität mindernde Entzerrung. Ein echter Schwachpunkt ist allerdings die extreme Neigung zu Reflexen bei Gegen- und Streiflicht. Angesichts des großen Bildwinkel ist es ja leider oft sehr schwer, die Sonne aus dem Bild zu verbannen und so kann man doch so manches interessante Bild einfach nicht machen, weil die Reflexe es ohnehin ruinieren würden. Eine passende Streulichtblende wäre da schon schön.
Belichtungskontrolle
Um die Belichtung zu verändern, stehen lediglich die ISO-Einstellung sowie die Belichtungszeiten zur Verfügung. Man kann das der Automatik überlassen und für Fotos bei genügend Licht funktioniert das gut. Ich war aber oft bei weniger üppigem, dafür umso fotogenerem Licht unterwegs und wollte dann natürlich mit möglichst niedriger ISO-Einstellung fotografieren. Daher wählte ich meist die manuelle Einstellung. Das geht dank dem großzügig dimensionierten Tablet ganz prima, allerdings kann man manuell nur Zeiten von 1/8.000 bis 1/30 sowie von 1 bis 4 sec einstellen. Auf den für mich oft besonders spannenden Bereich zwischen 1/30 und 1 sec kann zwar die Automatik zugreifen, selbst einstellen aber kann man den nicht. Dabei sind selbst bei etwas Wind mit Zeiten von 1/15 bis 1/4 sec scharfe Bilder möglich. Vielleicht sorgt da ja bald ein Firmware-Update für Abhilfe.
Richtig überrascht hat mich, wie gering selbst bei ISO-Einstellungen zwischen 1.000 und 2.000 das Bildrauschen ausfiel. Minimales Farb- und sehr feinkörniges, homogen verteiltes Helligkeitsrauschen beeinträchtigen die Bildwirkung kaum und lassen sich zudem problemlos korrigieren. Auch der erfassbare Dynamikumfang ist beachtlich, zumal angesichts der geringen Sensorgröße (1/2,3 Zoll). Sowohl deutlich überbelichtete, als auch – um Zeichnung in den Lichtern zu erhalten – unterbelichtete Bilder ließen sich in der Nachbearbeitung ohne Schwierigkeiten retten. Hier macht sich die Beschränkung auf 12 Megapixel zweifellos positiv bemerkbar.
360 Grad
Durchaus ungewöhnlich im Vergleich zu anderen Drohnen ist das hochklappbare Landegestell sowie der um 360 Grad endlos drehbare Gimbal. Zum einen hat man so, beispielsweise wenn es darum geht, ein Video von der Umrundung eines interessanten Motives zu drehen, die Möglichkeit die Kamera dauernd auf dem Motiv zu halten, ohne dabei Teile des Landegestells zu filmen. Zum andern kann man so auch ganz einfach 360°-Panoramen fotografieren. In den Kameraeinstellungen ist das – ebenso wie eine Timelapse-Funktion – hinterlegt. Wählt man „Panoramabild“, wird die Kamera zunächst gerade ausgerichtet. Dann nimmt sie nacheinander acht Bilder auf und dreht sich dabei in passenden Schritten.
Fazit
Wehrmutstropfen waren die Wartezeit bis zum Verbindungsaufbau und die gelegentlichen dauerhaften Verbindungsabbrüche, die es jeweils erforderten, den Flug zu beenden. Alles in allem aber vermochte der Typhoon H zu überzeugen. Solide Verarbeitung, gutmütiges Flugverhalten, ein sehr komfortabler Controller, ein um 360 Grad drehbarer Gimbal, ein hochzuklappendes Landegestell und eine mit rund 25 Minuten ordentliche Flugdauer pro Akkuladung sind die wichtigsten Vorzüge des Hexacopters. Überraschend gut war auch die Abbildungsleistung der 12 MP-Kamera, die vom passenden Gimbal zuverlässig stabilisiert wird. Das macht sich bemerkbar, wenn man mit längeren Belichtungszeiten fotografiert, aber selbstverständlich auch bei Videoaufnahmen, die selbst bei Wind und zumindest anfangs noch etwas abrupten Flugbewegungen erstaunlich ruhig und flüssig erscheinen. Unterm Strich bleiben nach nunmehr fast drei Monaten intensiver Flugtätigkeit mit dem Typhoon H eine stattliche Zahl schöner Bilder und Videos und viele Ideen, wie und wo sich Drohnen in der Landschaftsfotografie und in anderen naturfotografischen Projekten einsetzen lassen.
Hans-Peter Schaub
www.hanspeterschaub.de
In der Version Typhoon H Professional sind neben dem Copter, der Fernbedienung und einem Akku noch ein Ersatzakku, die Einhand-Fernbedienung Wizard sowie ein optimal auf die Ausrüstung abgestimmter Rucksack. Der lässt sich gut tragen und bietet zudem in einem zusätzlichen Fach noch reichlich Platz für eine kleine Fotoausrüstung oder Proviant.
Der Typhoon H ist in wenigen Minuten startklar. Ich habe – am Zielort angekommen – zunächst die Fernbedienung eingeschaltet und dann den Copter vorbereitet, also die Arme ausgeklappt und die Rotoren befestigt. Kurz darauf war dann meist auch die Verbindung zwischen Kamera und Controller hergestellt und ich konnte starten. Niedrige Temperaturen – das Bild entstand bei -9° C – sind für den Typhoon H kein Problem. Lediglich die Flugdauer pro Akkuladung verkürzt sich. An dem Morgen meldete der Controller nach durchschnittlich 16 Minuten, dass der Akku zur Neige geht.
Der Controller des Typhoon H ist opulent. Rund 32 cm breit und etwa 16 cm hoch bietet er Platz für ein vollwertiges 7 Zoll-Android-Tablet und übersichtlich angeordnete Steuerelemente. Mit dem linken Steuerhebel lässt man den Copter steigen oder sinken und kann ihn drehen, mit dem rechten Hebel bestimmt man die Richtung (vorwärts, rückwärts, seitlich). Lässt man beide Hebel los, bleibt er einfach in der Luft stehen. Fürs Fotografieren/Filmen relevant ist der kreuzförmige Schalter auf der linken Seite. Der erlaubt das direkte Einstellen von Belichtungsparametern wie zum Beispiel einer Belichtungskorrektur. Ansonsten sind die natürlich auch auf dem Touchdisplay einstellbar.
Dank des großen Displays lassen sich alle wichtigen Parameter wie Höhe, Geschwindigkeit, Entfernung, die Zahl der empfangenen GPS-Satelliten sowie die bestehende Funkverbindung gut ablesen – zumindest, wenn die Sonne nicht zu grell scheint, denn das glänzende Glas spiegelt doch merklich. Auch der mitgelieferte Blendschutz hilft da nicht immer. Wichtig vor dem Start: Man sollte die Stellung aller Kippschalter überprüfen. Die sind sehr leichtgängig und ändern beim Verstauen im Rucksack schon mal die Position.
Nach dem Start darf man natürlich nicht vergessen, das Landegestell hochzufahren (– ebenso wenig, wie es vor der Landung wieder herunterzuklappen). Dann kann man die Kamera um 360 Grad drehen und sehr schöne Rundumsichten – in Form eines 360 Grad-Panoramas oder eines entsprechenden Schwenks im Video – machen.Aber auch wenn's keine vollen 360 Grad sein sollen, ist die "freie Sicht" der Kamera allemal von Vorteil bei der Wahl des Bildausschnitts.