Gerade einmal 9 Zentimeter lang und keine 500 Gramm schwer – das Superweitwinkelzoom von Tamron ist trotz der relativ hohen Lichtstärke (f/2,8 steht im Bereich zwischen 17 und 21 mm zur Verfügung) sehr kompakt geraten. Insbesondere auf körperlich anstrengenden Touren, bei denen man gerne auf jedes überflüssige Gramm Gewicht bei der Ausrüstung verzichtet, ist das natürlich zu begrüßen. Mich hat das Zoom in den Regenwald des Taï-Nationalparks an der Elfenbeinküste begleitet und dort waren auch die relativ umfassende Abdichtung des Objektivs gegen Feuchtigkeit sowie die wasser- und schmutzabweisende Fluorvergütung der Frontlinse höchst willkommene Ausstattungsmerkmale. Ausprobiert habe ich das Zoom sowohl an einer Canon EOS 5D Mk IV als auch – mittels Adapter – an der neuen EOS R.
In der Hand
Das Tamron-Superweitwinkel ist zwar recht leicht und wirkt insbesondere im Vergleich zum 2,8/15-30 mm-Zoom desselben Herstellers (rund 1.100 Gramm bei 14,5 cm Länge) sehr zierlich. Gewicht wurde unter anderem durch die Verwendung von Kunststoffen beim Gehäuse sowie durch den Verzicht auf eine konstant hohe Blendenöffnung und einen optischen Bildstabilisator eingespart. Dennoch macht das Objektiv einen soliden Eindruck und verfügt über griffige, ausreichend breite Einstellringe fürs Zoomen und Fokussieren. Das 77 mm-Filtergewinde hat es mit sehr vielen anderen Objektiven gemeinsam, was letztendlich auch der Handhabung zugute kommt. Anders als bei noch stärkeren Weitwinkelobjektiven ist die Frontlinse nur leicht gewölbt, was die uneingeschränkte Verwendung von Schraubfiltern beziehungsweise Standardfilterhaltern gestattet. Der Fokussierring liegt vorne, nahe der Frontlinse und ist von der Naheinstellgrenze auf Unendlich nach links zu drehen (wie bei Original-Nikon-Objektiven). Mit rund 52 Grad Verstellweg ist präzises manuelles Fokussieren allerdings schwierig, zumal der Ring sich bei Abschalten des AF nahezu widerstandslos drehen lässt. Auf eine Entfernungsskala hat man – ob aus Design- oder Kostengründen weiß ich nicht – verzichtet. Die wäre gerade beim Arbeiten vom Stativ auch bei solch einem Zoom durchaus hilfreich.
Beim Fokussieren ändert sich die Länge des Tubus nur minimal um bis zu 8 Millimeter (bei 17 mm). Die Frontlinse rotiert dabei allerdings nicht, was die Verwendung von Polfiltern erleichtert.
Durchaus relevant für den Einsatz des Objektivs unter schwierigen Lichtverhältnissen ist das Verhalten der Blende bei den unterschiedlichen Brennweiten. Die maximale Öffnung f/2,8 bleibt bis knapp 21 mm erhalten. Zwischen 21 und 26 mm ist f/3,2 möglich, zwischen 26 und 30 mm steht noch Blende 3,5 zur Verfügung und ab 30 mm ist dann f/4 die größtmögliche Blendenöffnung.
Autofokus
Der »Optimized Silent Drive« (OSD, optimierter, leiser Antrieb) macht seinem Namen durchaus Ehre. Bei geringfügigen Schärfeanpassungen ist der AF praktisch nicht zu hören. Lediglich wenn man über einen weiten Entfernungsbereich, etwa von der Naheinstellgrenze bis Unendlich fokussiert, ist ein leises, etwas schleifend anmutendes Geräusch zu vernehmen. Insgesamt war das aber so dezent, dass es bei Videoaufnahmen nicht störend in Erscheinung trat.
Der AF reagierte direkt und zwar nicht rekordverdächtig schnell, aber dennoch zügig – sowohl an der EOS 5D Mk IV als auch (über den Bajonettadapter angeschlossen) an der EOS R. Unterschiede zwischen beiden Kameras waren nicht bemerkbar.
An der Naheinstellgrenze beträgt der Abstand zwischen Motiv und Frontlinse lediglich rund 11 Zentimeter. Die Breite des erfassten Bildfeldes beträgt dann 13,5 cm, was einem Abbildungsmaßstab von rund 1:3,8 entspricht. Das erlaubt es durchaus auch kleinere Details recht groß ins Bild zu setzen.
Bildqualität
Das Objektiv kann problemlos in allen Brennweitenbereichen schon bei offener Blende verwendet werden. Lediglich in den Bildecken zeigt sich ein leichter Abfall der Schärfe, der sich durch Schließen der Blende um eine Stufe bereits weitgehend vermeiden lässt. Die chromatische Aberration (Farbsäume) ist sehr gut korrigiert. Insbesondere bei 17 mm muss man allerdings eine recht kräftige Vignettierung in Kauf nehmen, die erst bei f/5,6 weitgehend verschwindet. Bei Aufnahmen unter Tageslichtbedingungen lässt sich das beispielsweise in Lightroom problemlos korrigieren. Bei Nachtaufnahmen hingegen kann das Aufhellen der Randabschattungen jedoch zu einer kritischen Zunahme des Bildrauschens in den Ecken führen. Die Verzeichnung ist bei 17 mm sichtbar tonnenförmig, bei rund 30 mm nicht sichtbar und bei 35 mm minimal kissenförmig. Mit dem entsprechenden Profil kann das in Lightroom leicht korrigiert werden.
Wann immer sich die Gelegenheit bietet, versuche ich bei Aufnahmen im Wald, mit Gegenlicht zu gestalten. Entsprechend ist die Eignung eines Objektivs für solche Lichtsituationen für mich ein wichtiges Kriterium. Das Tamron-Zoom vermag in dieser Hinsicht voll zu überzeugen. Keine bunten Reflexe, keine Brillanzverluste durch Schleier oder Geisterbilder trüben den Bildeindruck. Man kann mit dem Objektiv daher getrost hemmungslos »ins Licht« fotografieren.
Fazit
Kompakt, leicht und – zumindest im extremen Weitwinkelbereich zwischen 17 und 21 mm mit f/2,8 auch sehr lichtstark – ist das Tamron 17-35 mm-Zoom eine gute Wahl für Fotografen, die bei der Ausrüstung auch aufs Gewicht achten, dennoch aber keine Abstriche bei der Bildqualität machen möchten. Verzichten muss man dabei auf einen integrierten Bildstabilisator und auf die ganz weiten Winkel. Dafür erlaubt die nur gering gewölbte Frontlinse aber eben auch den unkomplizierten Einsatz normaler Einschraubfilter oder kompakter 100 mm-Filterhalter. Insbesondere bei Aufnahmen in der Dämmerung oder nachts kann die vor allem bei 17 mm deutliche Vignettierung kritisch werden und manuelles Fokussieren macht aufgrund des zu leichtgängigen Einstellrings und des kurzen Verstellwegs auch nicht wirklich Spaß. Dafür überzeugt das Zoom mit ordentlicher Schärfe über den gesamten Brennweitenbereich. Weitere Pluspunkte sind der leise und präzise Autofokus sowie die sehr geringe Reflexneigung in Gegenlichtsituationen.
Hans-Peter Schaub
www.hanspeterschaub.de