Dem Trend hin zu spiegellosen Systemen mit Sensoren im Kleinbildformat konnte sich auch Nikon kaum entziehen. Gleichwohl ließ man die ungeduldige Fotografengemeinde ziemlich lange warten auf das, was nun kurz vor der photokina als Z-System der Öffentlichkeit präsentiert wurde. Nicht ganz unerwartet ist die Z-Baureihe mit einem völlig neuen, 55 mm weiten Bajonett ausgestattet, welches zahlreiche Einschränkungen, die das enge F-Bajonett mit sich brachte, aufhebt und den Optik-Designern deutlich mehr Spielraum bietet. So sind grundsätzlich lichtstärkere und auch kompaktere Konstruktionen möglich, die zudem aufgrund des günstigeren Strahlengangs (Lichtstrahlen können auch in den Randbereichen senkrecht auf den Sensor treffen) eine insgesamt bessere Abbildungsleistung erlauben. Natürlich habe ich selbst, wie viele Fotografen, der Vorstellung mit großer Spannung entgegengefiebert, denn die Erwartungen waren hoch. Scheitern ist mit diesem neuen System für Nikon sicher keine Option. Die technischen Daten sind allemal vielversprechend. So entspricht der 45,7 Megapixel BSI-CMOS-Sensor weitgehend dem der D850, ist allerdings, anders als dieser, mit 493 Phasendetektions-Sensoren ausgestattet, die nahezu das gesamte Bildfeld abdecken.
In der Hand
Schon im Rahmen einer Presseveranstaltung während der photokina konnte ich erste, vielversprechende Erfahrungen mit der Z7 sammeln. Ende Oktober erhielt ich die Kamera dann für einen ausführlichen Test, unter anderem einschließlich des neuen AF-S 500 mm 1:5,6E PF ED VR, das ich mit dem FTZ-Objektivadapter verwenden konnte. Dazu später mehr.
Die Kamera ist zwar im Vergleich zu den Nikon-Profi-DSLRs recht zierlich, erreicht aber gleichwohl hinsichtlich der Abdichtung und Robustheit das hohe Niveau der D850 – ideal also für Fotografen, die auch unter widrigen Bedingungen draußen Bilder machen möchten.
Die Bedienelemente sind – zumindest auf der rechten Seite – weitgehend so, wie man das von den Nikon-DSLRs gewohnt ist. Auf der linken Seite ist das Nikon-spezifische, mit vier Funktionen belegte Einstellrad für die Serienbildrate einem von vielen Kameras gewohnten Funktionswählrad (A, S, P…) gewichen. Trotz der geringeren Abmessungen des Gehäuses lassen sich die Bedienelemente auch mit großen Händen gut erreichen. Der tief ausgeformte Griffwulst sorgt dafür, dass die Z7 sehr gut in der Hand liegt. Einen demnächst verfügbaren Akku-Handgriff habe ich daher nicht vermisst. Die AF-Felder lassen sich komfortabel über den direkt rechts neben dem Display angeordneten Joystick anwählen. Schade finde ich nur, dass man nicht zusätzlich die dank des vorhandenen Touchdisplays ja grundsätzlich mögliche Touchpad-Option zur Verfügung hat.
Die meisten Tasten an der Kamera lassen sich frei konfigurieren. Besonders die beiden auf der Vorderseite, direkt neben dem Bajonett liegenden Tasten bieten sich dafür an. Denen, wie auch der Druckfunktion des AF-Joysticks (heißt bei Nikon »Sub-Wähler«) oder der AF-On-Taste lassen sich vielfältige andere Funktionen zuweisen, teilweise auch in Kombination mit dem Einstellrad. Man muss sich dann allerdings auch jeweils merken, welche Taste nun was macht, weshalb es sicher ratsam ist, die Individualisierung mit Bedacht vorzunehmen.
Akku
Laut CIPA-Norm lassen sich mit einer Akku-Ladung 330 bis 400 Bilder machen. Das gilt allerdings nur in der Theorie. In der Praxis sind meist mehr Aufnahmen möglich. Deutlich über 1.000 Bilder sind realistisch, wenn man den elektronischen Sucher nutzt und – etwa bei Tieraufnahmen – häufig die Serienbildfunktion verwendet. Landschaftsfotografie mit langen Belichtungszeiten und überwiegender Nutzung des Displays hingegen »saugen« den Akku – wie auch bei DSLRs – deutlich schneller, manchmal schon nach 250 Bildern, leer. In der Z7 können die EN-EL15-Akkus, die auch in der D850 Verwendung finden, genutzt werden. Mit der neuen EN-EL15b-Version besteht jedoch die Möglichkeit, Akkus via USB 3.1-Schnittstelle, z.B. über eine Powerbank aufzuladen – allerdings nur, wenn die Kamera ausgeschaltet ist. Wäre ja auch zu schön gewesen, könnte man eine Powerbank als »Netzteil« nutzen.
Sucher und Display
Der elektronische Sucher wird von vielen DSLR-Fotografen mit besonderem Argwohn betrachtet. Ist halt zumindest im Prinzip schon anders als das, was man gewohnt ist. Tatsächlich aber liefert der mit 3,69 Mio. Bildpunkten sehr hochauflösende Sucher ein klares und brillantes Bild, das sich in den meisten Fällen kaum vom gewohnten Anblick des optischen Suchers unterscheidet. Dank 60 Hz-Bildwiederholfrequenz ruckelt und wackelt da nix. Dafür hat man – im Gegensatz zum optischen Sucher – auch bei trüben Lichtverhältnissen noch ein helles Bild und kann zudem auf Annehmlichkeiten wie Focus Peaking bei manuellem Fokussieren zurückgreifen. Schön ist auch, dass der Sucher – zumindest bis f/5,6 – auch ohne Betätigen der Abblendtaste die tatsächliche Schärfentiefe anzeigt. Blendet man stärker ab, muss man allerdings doch die Abblendtaste nutzen, denn andernfalls wird das Licht knapp für schnellen AF und ein rauschfreies Sucherbild. Im Sucher geht’s zudem sehr aufgeräumt zu. Die wichtigen Infos sind in einer Leiste am Bildrand zu sehen und überlagern so nicht das Bild. Nicht mehr so richtig überzeugend wird das Sucherbild, wenn man die Serienbildfunktion benutzt. Bei 5,5 Bildern/sec wird das Bild zwar noch aktualisiert, aber mit einer deutlich gesenkten Bildwiederholrate, was, wenn man sich schnell bewegende Motive im Sucher halten möchte, zumindest anstrengend wird. Bei der maximalen Bildrate von 9 Bildern/sec (nur mit 12 Bit-Raw) gibt es keinen Live Feed mehr und dann herrscht zumindest phasenweise Ungewissheit darüber, was man da gerade fotografiert.
Praktisches Detail: Sucher und Display lassen sich abschalten. Das ist interessant, wenn man Timer-Aufnahmen, etwa für Zeitraffer, macht. Durch die Energieersparnis lassen sich pro Akkuladung beträchtlich mehr Bilder machen.
Das 3,2-Zoll-Display verfügt über eine Auflösung von 2,1 Mio. Bildpunkten und ist um 90 Grad nach oben und um 40 Grad nach unten zu klappen. Schöner wär’s natürlich schon, man könnte es auch seitlich schwenken und drehen. Vor allem bei Hochformataufnahmen würden sich die Einsatzmöglichkeiten beträchtlich erweitern.
Die Kamera lässt sich per Touch-Funktion umfassend steuern. Dabei hilft das »I-Menü«, das man über die »I-«Taste aufruft. Dann werden 12 Funktionen angezeigt. Welche das sind, kann man selbst konfigurieren.
Serienbilder
Abgesehen von der reduzierten Bildwiederholrate des Suchers gibt es bis zu einer Serienbildrate von 5,5 Bildern/sec keine Einschränkungen. Auch der C-AF vermag da gut zu folgen. Einzig der offenbar nicht so üppig ausgelegte Pufferspeicher bremst mitunter die auf die Speicherkarte einstürzende Bilderflut. Maximal 27 Raws gelangen mir mit einer Lexar 2933x-QXD-Karte. Nutzt man die maximale Serienbildgeschwindigkeit von 8 bzw. 9 Bildern (14 bzw. 12-Bit-Raw), schrumpft der Puffer auf 19 bzw. 23 Bilder in Folge. Glücklicherweise aber sorgt die flotte Datenübertragung der QXD-Karte dafür, dass der Puffer schnell geleert wird.
Natürlich kann man auch Anstoß an der Verfügbarkeit nur eines Speicherkartenfachs nehmen. Wer tatsächlich bislang intensiv vom zweiten Fach Gebrauch gemacht hat, etwa indem er direkt ein Backup erstellt bzw. JPGs oder Videos auf der zweiten Karte gesichert hat, wird die in der Tat vermissen. Ich persönlich fand das nicht gravierend, schließlich finden auf einer 128 GB-Karte mehr Bilder Platz, als man gemeinhin an einem Tag fotografieren wird.
Autofokus
Auf dem Sensor der Z7 sind insgesamt knapp 500 Phasendetektions-AF-Sensoren untergebracht. Das ermöglicht es praktisch auf dem gesamten Bildfeld automatisch zu fokussieren. Im Einzelbild-AF funktioniert das auch meistens schnell und genau. Fokusfehler treten ja dank der Fokussierung auf der Sensorebene nicht auf. Bei sehr wenig Licht oder kontrastarmen Motiven, wie etwa einer im Dunst liegenden, weit entfernten Bergkette oder Landschaften im frühen Morgennebel, hat der S-AF allerdings häufiger versagt.
Mit dem Joystick kann man die einzelnen Felder schnell anwählen. Zur Verfügung stehen: Einzelpunkt, dynamisch (entspricht einer 9er-Gruppe mit zentralem Punkt), großes Messfeld (klein), großes Messfeld (groß) sowie die automatische Messfeldwahl. Für ganz kleine Motive, wie das Auge eines weiter entfernten Tieres oder den kleinen Vogel im Gestrüpp ist der Einzelpunkt manchmal noch etwas zu groß. Man könnte dann auf das »Nadelspitzen-Messfeld« ausweichen. Das aber funktioniert nur mit Kontrast-AF, und der ist für agile Motive zu langsam.
Der C-AF funktioniert, kann man den Einzelpunkt nutzen, in der Regel gut und genau. Tiermotive allerdings, wie fliegende Vögel, die sich nicht immer problemlos in einem einzigen Messpunkt halten lassen, verlangen nach einem einfach zu nutzenden AF-Tracking. Da sind Nikons D500 und D850 derzeit kaum zu schlagen, umso bedauerlicher, dass die Z7 in dieser Disziplin nicht überzeugt. Um das Tracking zu aktivieren und zu deaktivieren, ist der Daumen ziemlich beschäftigt, der dazu jeweils die OK-Taste betätigen muss. Zudem verliert der Fokus auch bei aktiviertem Tracking immer mal wieder das Motiv aus dem Blick und konzentriert sich stattdessen auf den Hintergrund. Schnelle Action in der Tierfotografie sind daher sicher nicht die idealen Einsatzgebiete der Z7.
Bildqualität
Der Sensor der Z7 liefert eine exzellente Bildqualität. Trotz der hohen Auflösung hält sich das Rauschen in erstaunlich niedrigen Grenzen. In vielen Fällen kann man ohne Weiteres ISO 3.200 nutzen ohne gravierende Einschränkungen in der Nutzbarkeit der Dateien in Kauf nehmen zu müssen. Die maximalen Einstellungen (ISO 51.200 bzw. 102.400) sind allerdings nur theoretisch vorhanden, praktisch wohl nur in ganz extremen Fällen sinnvoll nutzbar. Der Dynamikumfang entspricht weitgehend dem hohen Niveau, das bereits die D850 auszeichnet. Vermutlich aufgrund der auf dem Sensor aufgebrachten Phasendetektionssensoren ergibt sich bei starkem Aufhellen dunkler Bereich (mehr als +4 Lichtwerte) in manchen Fällen ein ganz leichtes Muster dünner Streifen. Ich habe versucht, ein entsprechendes Bild für die Wiedergabe im Heft aufzubereiten, bin aber gescheitert – es war unter den Bedingungen einfach nicht erkennbar. Insofern würde ich davon ausgehen, dass dieses Problem in der Praxis kaum Relevanz hat.
F-Objektive
Dank dem FTZ-Bajonettadapter können die meisten Spiegelreflex-Objektive auch an der spiegellosen Z7 verwendet werden. Bei AF-S und AF-I-Optiken funktioniert auch der AF, bei AF-D und AI muss man auf den AF verzichten, kann aber die Automatikblende nutzen, ältere F-Objektive funktionieren dann immerhin noch mit Arbeitsblende. Der Adapter ist mit einem Stativgewinde ausgestattet – gute Idee, eigentlich. Leider ist der Fuß so konstruiert, dass man nicht FTZ-Adapter und Winkelschiene oder Arca-Swiss-Stativplatte an der Kamera gleichzeitig verwenden kann. Bei der einfachen Stativplatte wäre das ja noch zu verkraften, der Verzicht auf eine Winkelschiene fällt mir da schon schwerer. Ein etwas niedrigerer Fuß am Adapter hätte das Problem vermieden.
Ansonsten aber funktioniert der Adapter tadellos. Ich hatte das AF-S Nikkor 3,5-4,5/18-35 mm sowie das neue 5,6/500 mm E PF ED VR zur Verfügung und konnte keinerlei Einschränkungen feststellen. Das 18-35 mm-Weitwinkelzoom passt aufgrund der geringen Größe perfekt ins Z-System und liefert leicht abgeblendet auch an dem hoch auflösenden Sensor gute Resultate. In jeder Hinsicht überragend ist das 5,6/500 mm-Tele. Verblüffend kompakt, schon bei offener Blende knackscharf, stellt es für viele Fotografen zweifellos eine sehr interessante Alternative zum vergleichsweise riesigen 4/500 mm-Teleklassiker dar. Insbesondere wer viel reist, wird die um eine Blende geringere Lichtstärke gerne gegen die ansonsten überwiegenden Vorteile eintauschen.
Fazit
Mit der Z7 ist Nikon der Einstieg ins spiegellose Vollformat gelungen. Die insgesamt durchdachte und ausgereifte Kamera liefert hervorragende Bildqualität mit großer Detailfülle und hohem Dynamikumfang. Die Bedienung ist schlüssig und orientiert sich weitgehend am bewährten Nikon-DSLR-Konzept. Wer Nikon-Kameras kennt, wird sich schnell an die Z gewöhnen. Einzig der kontinuierliche AF und die Fokusleistung bei geringem Kontrast und schlechten Lichtverhältnissen erfüllen nicht ganz die Erwartungen. Das aber ist natürlich nicht unbedingt für jeden Naturfotografen von Bedeutung. Insbesondere Landschafts- und Makrofotografen werden an der Z7, so wie sie ist, sicher viel Freude haben.
Hans-Peter Schaub
www.hanspeterschaub.de