Supertele light


Das Sigma 100-400 mm F5-6,3 DG OS HSM | Contemporary in der Praxis

Das neue 100-400 mm-Telezoom bietet einen beachtlichen Brennweitenbereich in erstaunlich kompakter und leichter Form. Wem die 300 mm eines 70-300 mm-Zooms immer zu kurz waren, der kann mit dem Sigma-Objektiv den Telebereich beträchtlich erweitern ohne dabei deutlich mehr schleppen zu müssen. Hans-Peter Schaub hat das Zoom ausprobiert.

Auf den ersten Blick könnte man meinen, ein etwas voluminöseres 70-300 mm-Zoom vor sich zu haben. Das neue Sigma F5-6,3/100-400 mm DG OS HSM ist schon sehr kompakt geraten und wirkt neben einem 150-600 mm-Objektiv richtig zierlich. Mit 1.160 Gramm wiegt es rund 500 Gramm weniger als etwa Canons 4,5-5,6/100-400 mm-Telezoom und ist dabei nur geringfügig lichtschwächer.

In der Hand

Die Verarbeitung macht einen exzellenten Eindruck. Spielfreie Fokussier- und Zoomringe, griffige Schalter für Fokussier-Modus, Bildstabilisator und Fokuslimitierung unterstreichen die solide Anmutung des Objektivs. Am Bajonett befindet sich eine Gummi-Dichtlippe, die das Eindringen von Feuchtigkeit verhindern soll. Wie schon die beiden 150-600 mm-Varianten von Sigma bietet auch das neue Telezoom sowohl Dreh- als auch Schiebzoomfunktionalität. Letzteres ist immer dann von Vorteil, wenn es darum geht, einen weiten Zoombereich blitzschnell zu durchfahren. 
Unüblich für ein Objektiv dieser Brennweite ist das Fehlen einer Stativschelle. Angesichts des vergleichsweise geringen Gewichts aber ist das zu verschmerzen, zumal sich ein solches Zoom ja auch vor allem für die Verwendung aus der Hand – ohne Stativ – anbietet. Aufgrund der Anordnung der Bedienelemente würde ich annehmen, dass es auch Zubehörherstellern schwerfallen dürfte, für dieses Objektiv eine passende Schelle zu konstruieren. Ich lass’ mich da natürlich gerne überraschen.

Funktionen

Die Lichtstärke ist zwar nicht rekordverdächtig, tatsächlich aber liegt sie nur eine Drittel-Blendenstufe unter der vergleichbarer Optiken von Nikon (4,5-5,6/80-400 mm) oder Canon (4,5-5,6/100-400 mm), was in der Praxis nicht wirklich relevant sein dürfte. Zu beachten ist dabei allerdings, dass die größte Öffnung von f/5 nur bis 110 mm zur Verfügung steht. Von 110 bis 240 mm beträgt diese dann f/5,6 und ab 240 mm schließlich ist f/6,3 die „hellste“ Blende.
Die Naheinstellgrenze liegt bei lediglich 1,6 Meter, was einen beachtlichen Abbildungsmaßstab von etwa 1:3,5 ermöglicht. Praktisch und sinnvoll angesichts des großen Fokussierbereichs ist der dreistufige Fokusbereichsbegrenzer. Über das Sigma-USB-Dock lassen sich die Bereiche individuell anpassen.
Der Bildstabilisator arbeitet mit einem gyroskopischen Sensor, über den die Bewegungsrichtung erkannt wird und die jeweils erforderliche Stabilisierung erfolgt – im Hoch- und Querformat. Das funktioniert effektiv und praktisch geräuschlos. An einer APS-C-Kamera konnte ich mit 1/30 sec bei 400 mm Brennweite (600 mm kleinbildäquivalent) noch mit erstaunlich hoher Trefferquote (über 30 Prozent) absolut unverwackelte Aufnahmen erzielen, was immerhin einem Gewinn von gut vier Blendenstufen entspricht (legt man die Kehrwertregel bezogen auf die kleinbildäquivalente Brennweite zugrunde). Der Autofokus ist schnell und sehr leise. Auch bei wenig Licht oder mit älteren Kameras erfolgte die Fokussierung zügig und präzise.

Bildqualität

Das Objektiv kann über den gesamten Brennweitenbereich problemlos bei offener Blende verwendet werden. Das ist natürlich angesichts der relativ geringen Lichtstärke auch wichtig. Es liefert in den außerhalb der Schärfenebene liegenden Bildbereichen eine angenehm weiche Darstellung und ermöglicht bei längster Brennweite und offener Blende, Motive schön vor einem homogenen Hintergrund freizustellen. Auch im Nahbereich ist die Abbildungsleistung überzeugend. Die Verzeichnung ist so gering, dass sie selbst bei kritischer Betrachtung keine Rolle spielt. Das gilt auch für die chromatische Aberration. Die Vignettierung ist bei gleichmäßig hellen Hintergründen zwar sichtbar, aber auch die spielt in der naturfotografischen Praxis keine Rolle und lässt sich zudem bei Bedarf mithilfe des für Lightroom verfügbaren Objektivprofils praktisch spurlos beseitigen.

Fazit

Wer ein derzeit unerreicht kompaktes langbrennweitiges Telezoom sucht und die ganz lange Brennweite eines 150-600 mm-Objektivs nicht benötigt, weil er beispielsweise ohnehin eine Kamera mit dem „brennweitenverlängernden“ APS-C-Sensor einsetzt, findet in Sigmas 100-400 mm-Zoom ein richtig gutes Objektiv zum erschwinglichen Preis.     

Hans-Peter Schaub
www.hanspeterschaub.de


Schnell zoomen
Beim Zoomen fährt der Tubus recht weit heraus, was beim Arbeiten aus der Hand zu einer merklichen Veränderung der Gewichtsverteilung führt. Mich stört's nicht, andere sind da etwas empfindlicher. Das eigentlich als Drehzoom ausgelegte Objektiv lässt sich, wie auch die aktuellen 150-600 mm-Modelle von Sigma (und Tamron) auch als Schiebezoom verwenden. Der Tubus kann problemlos einfach herausgezogen und eingeschoben werden, was besonders schnelles Zoomen ermöglicht.

Sigma 100-400 mm F5-6,3 DG OS HSM | Contemporary
Aufbau: 21 Elemente/15 Gruppen
Blendenbereich: 5 – 22  
Anzahl Blendenlamellen: 9
Bildwinkel (diag./KB): 24,4° – 6,2°
Naheinstellgrenze: ca. 160 cm
Min. Abstand (ab Frontlinse): ca. 117 cm
Max. Abbildungsmaßstab: ca. 1:3,5
Filtergewinde: 67 mm
Fokussierung: Ultraschall-AF/MF
Weitere Merkmale: Fokusbereichs­begrenzung, kompatibel mit Sigma-
USB-Dock und Anschluss-Konverter
MC-11, Innenfokussierung, Anschluss ist gegen Staub und Spritzwasser ab­gedichtet, geeignet für Sigma-Anschluss-Wechsel­service, elektromagnetischer Blendenmechanismus (Nikon),
Dreh- und Schiebezoom-Funktionalität
Anschlüsse: Canon EF, Nikon F,
Sigma SA
Abmessungen (mm):
ca. 86,4 (D) x 180,6 (L)
Gewicht: rund 1.160 Gramm
Straßenpreis: ca. 900 €

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